Zum Tod von Otto Graf Lambsdorff:Seine Nähe zum Geld

So geschickt Lambsdorff den Text von Otto Schlecht benutzte, um die sozialliberale Koalition zu beenden, so gekonnt hat er darüber hinweggespielt, dass er von 1977 an unter Schmidt Wirtschaftsminister gewesen war: Seine Kritik an der bundesdeutschen Wirtschaftspolitik hätte er nicht nur gegen den Kanzler, sondern auch gegen sich selbst richten können. Der "Marktgraf" war wesentlich daran beteiligt, dass die FDP zur "Partei der Besserverdienenden" wurde.

Ein Freund des bundesdeutschen Rechtsstaats

Anders als führende FDP-Politiker der Gegenwart war er aber auch ein Freund des bundesdeutschen Rechtsstaats. Die Bewahrung der bürgerlichen Rechte lag ihm am Herzen. Für die Umweltpolitik hatte er nicht das geringste übrig. Das brachte die FDP um viele Anhänger, die dann zu den Grünen abwanderten. Die Leute von Bündnis90/DieGrünen haben heute allen Grund, Lambsdorff zu ehren.

Immer schon hatte er die Nähe zur Industrie gesucht. Als Politiker und Parteischatzmeister in Nordrhein-Westfalen traf er sich oft mit den Vertretern der Stahlindustrie. Als Mitte der achtziger Jahre herauskam, dass er dem Flick-Konzern bei der Steuerhinterziehung geholfen hatte, hütete die FDP sich, den Stab über ihn zu brechen. Immerhin hatte er für seine Partei viel Geld eingeworben. Viele Freidemokraten sagten sich, dass sie an seiner statt nicht anders gehandelt hätten. Andere sagten sich, dass sie nicht Politiker geworden seien, um für ihre Partei Geld zu beschaffen.

Seine Nähe zum Geld hat es Lambsdorff erleichtert, sich eine kleine Hausmacht gewogen zu halten. Er konnte einem Spender raten, seine gute Gabe nicht der Partei, sondern einem bestimmten Abgeordneten zukommen zu lassen. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 180.000 Mark wegen Steuerhinterziehung in der Flick-Affäre traf Lambsdorff nicht. Zwar trat er anlässlich der Anklageerhebung 1984 von seinem Posten als Wirtschaftsminister zurück. Doch in der Partei war er unangefochten. 1988 wurde er zum Bundesvorsitzenden der FDP gewählt.

Es gibt wohl niemanden, der Otto Graf Lambsdorff nicht respektierte. Adelsstolz wird ihm attestiert. Dem hat er aber - auch als demokratischer Republikaner ein disziplinierter Mann - nur selten Raum gegeben. Sein Privatleben war privat. Selbst Parteifreunde, die ihn jahrzehntelang kannten, wissen wenig mehr über ihn zu sagen, als dass er zweimal eine Ehe eingegangen ist. Seine zweite Frau, die Bankerin Alexandra, eine geborene von Quistorp, nannte ihren Mann gemütlich und heiter.

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