Wowereit zum SPD-Parteitag:"Das ist kein einfacher Gang für uns"

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Der neue SPD-Vize Klaus Wowereit über den Weg der Partei zu neuer Glaubwürdigkeit und warum Andrea Nahles nicht degradiert wurde.

Thorsten Denkler

sueddeutsche.de: Herr Wowereit, Sigmar Gabriel ist mit über 94 Prozent zum neuen SPD-Vorsitzenden gewählt. Wie schätzen Sie seine Halbwertzeit ein?

"WIr sind ein Team": Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Klaus Wowereit (Foto: Foto: Getty)

Wowereit: Das Ergebnis ist eine gute Basis und eine toller Vertrauensvorschuss. Nach seiner fulminanten und überzeugenden Rede, mit der er die Basis mitgenommen hat, ist das ein ehrliches Ergebnis.

sueddeutsche.de: Fast alle Parteivorsitzenden sind mit einem großen Vertrauensvorschuss ins Amt gestartet. Was ist so besonders an diesem Wachwechsel an der SPD-Spitze?

Wowereit: Jeder Vorsitzende hat und hatte seinen eigenen Stil, seinen eigenen Charakter und seine eigene Persönlichkeit. Aber alle hatten und haben ein Ziel: Die Partei nach vorne zu bringen und die SPD programmatisch so aufzustellen, dass sie Wahlen gewinnen kann. Wir müssen wieder soziale Gerechtigkeit für alle Bürgerinnen und Bürger durchsetzen. Das eint alle, da hat es nie Unterschiede gegeben.

sueddeutsche.de: Das Ergebnis macht ihn zum Big Boss der SPD. Brauchte die Partei nur einen neuen Führer?

Wowereit: Wir werden Gabriel nach Kräften unterstützen. Aber wir sind als Team angetreten. Das ist eine riesige Aufgabe für uns alle. Das ist jetzt kein einfacher Gang für uns. Mit dem Parteitag ist die Arbeit nicht getan.

sueddeutsche.de: Gabriel hat angekündigt die Debatten wieder von unten nach oben zu führen. Wie soll das gehen in einer Partei mit immerhin noch über 510.000 Mitgliedern?

Wowereit: Wir haben den Anfang schon gemacht mit den Regionalkonferenzen in den vergangenen Wochen. Da haben Sigmar Gabriel und Andrea Nahles über 6000 Menschen erreicht. Andere Führungsmitglieder haben sich in ihren Landesverbänden gestellt. Wir wollen eine offene Diskussionskultur in der Partei. Das ist nicht nur eine Frage zwischen Basis und Parteiführung. Dass muss genau so gelten zwischen den Fraktionen in Bund und Ländern, dem Parteivorstand, den Kommunalvertreten, den Landesregierungen.

sueddeutsche.de: Ein Kernproblem der SPD ist ihre mangelnde Glaubwürdigkeit. In der Opposition aber können Sie beschließen, was sie wollen, sie werden es nicht umsetzen. Wie kann da Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden?

Wowereit: Auch als Opposition haben wir Möglichkeiten, die schwarz-gelbe Regierung zu Bekenntnissen zu treiben. Das werden wir auch auf allen Ebenen tun. Aber viel wichtiger ist, das wir sagen, was wir wollen, was wir anders machen wollen.

sueddeutsche.de: Andrea Nahles ist auf dem Parteitag mit 69 Prozent endgültig zur Generalsekretärin degradiert worden. Ist dass das richtige Zeichen für eine neue Einigkeit der SPD?

Wowereit: Andrea Nahles ist nicht degradiert worden. Es gab schon Generalsekretäre die mit 51 Prozent gewählt worden sind...

sueddeutsche.de:... die wollten aber auch nie Nebenparteivorsitzende sein.

Wowereit: Das will sie nicht. Sie ist Generalsekretärin und diese Aufgebe will und wird sie gut machen. Wir sind ein Team. Mit Sigmar Gabriel als starkem Parteivorsitzendem. Wir wollen die Partei mitnehmen, die Gremien und die Basis.

sueddeutsche.de: Die 94 Prozent für Gabriel, die sehr guten Ergebnisse für seine Stellvertreter, das ergibt ein etwas unwirkliches Bild von einer angeblichen neuen Geschlossenheit der Partei. Wie groß sind die Probleme der Partei wirklich?

Wowereit: Diese Geschlossenheit gab es doch schon im Wahlkampf. Es war doch nicht so, dass wir uns nicht einig waren über die Themen. Aber natürlich ist mit einem Parteitag nicht alles erledigt. Jetzt muss gekämpft werden.

sueddeutsche.de: Wie sehen Sie ihre neue Rolle als Stellvertreter in der Parteispitze?

Wowereit: Ich will dafür sorgen, dass von der kommunalen Ebene aus angefangen wird, die SPD zu erneuern. Darum werde ich mich besonders um die Koordinierung der Länder kümmern und will Ansprechpartner für unsere Lokalpolitiker vor Ort sein.

Wir brauchen eine starke SPD in den Städten und Gemeinden. Wir brauchen mehr Regierungsbeteiligungen in den Ländern, sonst können wir auch im Bund keine Wahlen gewinnen. Ich werde auch Garant dafür sein, dass die SPD weiter eine verlässliche Stimme bleibt, wenn es um die Liberalität einer Gesellschaft geht.

sueddeutsche.de: Werden Sie auch Garant dafür sein, dass mit Ihnen die SPD einen personelle Alternative hat, wenn es darum geht 2013 einen neuen Kanzlerkandidaten zu stellen?

Wowereit: (lacht) Naja, erst schreibt man uns fast ab, jetzt wird schon wieder über Kanzlerkandidaturen diskutiert. Das ist jetzt kein Thema für uns. Wir haben reichlich Arbeit vor uns. Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen steht vor der Tür. Da müssen wir Hannelore Kraft mit aller Macht unterstützen. Da spielen Personalfragen erst mal keine Rolle.

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