Zu viele Tage hat Christian Wulff geschwiegen. Das ist nun - vorläufig - vorbei, der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen hat sich teilweise erklärt. In seiner Weihnachtsansprache nutzt nun der Bundespräsident Wulff die Gelegenheit, dem Volk zu übermitteln, was er jenseits einer verdrucksten Vergangenheitsbewältigung noch anzubieten hat.
Immerhin, mit dem Thema Integration bleibt der Bundespräsident sich treu. Er hätte den Schwerpunkt auf die Sorgen um den Euro und die Bewältigung der Schuldenkrise legen und dabei der Versuchung naheliegender Schuldzuweisungen erliegen können. Er erwähnt dieses Thema, unterstreicht aber mit einem Lob an Regierung und Opposition zugleich die vorrangige Zuständigkeit der exekutiven Politik.
Den größten Teil seiner Ansprache widmet Wulff statt dessen dem Zusammenleben in einem Land, das 2011 von der Aufdeckung einer rechtsextremistischen Terrorserie aufgeschreckt wurde. Der Präsident spricht von der Schuld gegenüber den Ermordeten, die nicht geschützt, und gegenüber den Angehörigen, die zu Unrecht verdächtigt wurden.
Er spricht von der Verpflichtung, die Taten aufzuklären. Sich selbst und die Gesellschaft nimmt er mit einem kollektiven "Wir" in die Verantwortung für die Bekämpfung von Rassismus, Ausgrenzung und Vorurteilen.
Das ist alles schön und vor allem richtig. Es ist eine Ansprache, gegen die man nicht wirklich etwas sagen kann, weil Wulff objektiv Unbestreitbares formuliert. Gleichwohl wird es ihn noch Mühe kosten, den Verdacht zu zerstreuen, dass sich da jemand in einen hohen Anspruch an alle flüchtet, der bei der Erfüllung viel kleinerer Anforderungen an sich alleine so schlecht ausgesehen hat.