Bevölkerungsschutz:Was passiert am bundesweiten Warntag?

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Am Donnerstag wird in Deutschland der Katastrophenfall getestet. Was man darüber wissen muss.

Von Miriam Dahlinger

Das Hochwasser im Juli 2021 zeigte auf tragische Weise, wie wichtig Katastrophenschutz sein kann. Damals wurden viele Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nicht rechtzeitig vor der lebensgefährlichen Flut gewarnt. Das soll nicht wieder passieren, am 8. Dezember probt Deutschland für den Ernstfall. Was man darüber wissen muss.

Was passiert am Warntag?

Vielerorts werden um elf Uhr die Sirenen heulen. Auch Lautsprecherdurchsagen werden in einigen Kommunen zu hören sein. Gleichzeitig verschickt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine Nachricht an Nina, die offizielle Notfall-App des Bundes, und an die App Katwarn, zudem an mehr als 100 Fernseh- und Radiosender. Auch in Durchsagen und auf Anzeigetafeln der Deutschen Bahn wird das BBK warnen.

Außerdem erprobt das BBK am Donnerstag zum ersten Mal bundesweit eine neue Technik: Mithilfe des Mobilfunkdienstes Cell Broadcast verschickt es um elf Uhr eine Textnachricht direkt auf die Handys der Menschen in Deutschland. Damit möglichst viele den Test mitbekommen, machen ein lauter Alarmton, ein Lichtsignal und die Vibration des Mobiltelefons auf die Nachricht aufmerksam. Mit Cell Broadcast kann die Behörde alle kompatiblen Handys in einer Funkzelle erreichen, ohne dass eine App oder Internetverbindung dafür nötig wäre. Um 11.45 Uhr wird das BBK auf demselben Weg Entwarnung geben.

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Warum findet der Warntag statt?

Für Bund, Länder und Kommunen geht es um einen wichtigen Praxistest. Sie wollen herausfinden, ob ihre Warnmittel für den Katastrophenfall gut funktionieren oder ob es irgendwo hakt. Dabei kommt es vor allem auf Cell Broadcast an, denn die Technik wird zum ersten Mal bundesweit erprobt, bevor sie ab Februar offiziell startet.

Der erste bundesweite Warntag vor zwei Jahren offenbarte eklatante Lücken im Warnsystem. Damals bekamen sehr viele Menschen von dem Probealarm überhaupt nichts mit. Sirenen fehlten, blieben stumm oder schlugen verspätet Alarm. Warn-Apps meldeten sich wegen überlasteter Server nicht oder viel zu spät.

Wer kann die Warnung per Cell Broadcast empfangen?

Laut Schätzungen wird nur etwa die Hälfte der Handynutzer eine Nachricht auf ihr Mobiltelefon bekommen. Ältere Geräte, darunter viele von Apple oder Google, die noch weitverbreitet sind, können die Warnungen gar nicht empfangen. Welche das sind, listet das BBK auf seiner Website auf.

Häufig ist auch ein Update des Betriebssystems nötig, außerdem muss der Empfang bei einigen Handys erst manuell aktiviert werden. Beim iPhone findet man die Einstellung über den Menüpunkt "Mitteilungen" ganz unten in der Rubrik "Cell Broadcast Alerts". Auf Android-Geräten findet man die Rubrik zum Ein- und Ausschalten des Empfangs in der Regel unter dem Stichwort "Drahtlose Notfallwarnungen" oder auch "Notfallbenachrichtigungen für Mobilgeräte". Detaillierte Anleitungen der unterschiedlichen Hersteller finden sich auf der BBK-Website.

Außerdem müssen die Handys eingeschaltet sein und dürfen sich nicht im Flugmodus befinden.

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Werden diesmal überall Sirenen ertönen?

Nein, vielerorts werden wieder keine Sirenen zu hören sein. Das hat verschiedene Gründe: In Berlin etwa können die Sirenen am Donnerstag nicht angesteuert werden, da die Technik für die Anbindung an das Warnsystem noch nicht funktioniert. Und in München gibt es überhaupt keine Sirenen.

Das flächendeckende Sirenennetz wurde in den Neunzigerjahren nach Ende des Kalten Krieges zurückgebaut. Zwar stellt der Bund den Kommunen in diesem Jahr etwa 90 Millionen Euro für den Kauf neuer Sirenen zur Verfügung. Doch das ist nur ein Bruchteil der benötigten Mittel.

Besser aufgestellt ist dagegen Hamburg. Dort werden am 8. Dezember die Sturmflut- und andere Sirenen aufheulen. Insgesamt ist aber noch unklar, wie viele Kommunen sich am Warntag überhaupt beteiligen. Denn dies ist freiwillig. Einige Großstädte wie Freiburg im Breisgau kündigten bereits an, bewusst auf die Teilnahme am Warntag zu verzichten. Die Sirenen werden dort stattdessen am letzten Samstag im März und Oktober getestet.

Wie geht es weiter?

Nach dem Warntag werden die Behörden unter anderem auswerten, wie viele Menschen Cell Broadcast tatsächlich erreicht hat. Außerdem sind Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, unter warntag-umfrage.de ihre Erfahrungen zu teilen.

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