Waffenbesitz in den USA:Mit Pistolen am Gürtel ins Restaurant

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Entscheidende Schlacht: Der Streit um das Recht auf Waffenbesitz wird vor dem Obersten Gericht in Washington verhandelt. Waffenfreunde demonstrieren auf ihre Art.

R. Klüver

Der seit Jahren schwelende Streit um das Recht auf Waffenbesitz in den USA geht in eine neue, vielleicht entscheidende Runde. Das Oberste Gericht in Washington verhandelt an diesem Dienstag über eine Klage gegen die Stadt Chicago, die den Verkauf von Waffen in der Millionenstadt untersagt. Bereits vor zwei Jahren hatte der Supreme Court ein entsprechendes Verbot in Washington aufgehoben. Doch war das Urteil auf die Hauptstadt beschränkt, die rechtlich gesehen Bundesterritorium ist. Sollte das Gericht nun ein ähnliches Verbot in Chicago kippen, würde es überall in den USA Gültigkeit haben.

Städte wie Chicago oder Washington hatten in den vergangenen Jahren unter extrem hohen Mordraten zu leiden. Um den Zugang zu Handfeuerwaffen zu erschweren, haben viele Kommunen daher den Verkauf oder auch Besitz von Waffen extrem eingeschränkt und - ähnlich wie in Deutschland - streng reglementiert Waffenscheine ausgeteilt. Diese Beschränkungen wären kaum mehr zu halten, sollte der Supreme Court, wie allgemein erwartet, sein Washingtoner Urteil auf Chicago übertragen.

Doch liegt die Sache ganz so einfach nicht. Tatsächlich versteckt sich hinter der Frage eine komplizierte verfassungsrechtliche Debatte, die vor allem die konservativen Richter am Obersten Gerichtshof in die Bredouille bringen könnte. Zum einen sind sie ohne Zweifel der Überzeugung, dass der berühmte zweite Zusatz zur US-Verfassung, das sogenannte Second Amendment, jedem Amerikaner das Recht auf Waffenbesitz zur Selbstverteidigung gewährt.

Zum anderen aber vertreten sie seit jeher die Auffassung, dass man die Verfassung nur so auslegen dürfe, wie es die Verfassungsväter gemeint hatten. Und ganz ohne Zweifel hatten die den Zusatz schlicht auf das Tun der US-Bundesregierung gemünzt. Die darf keinem Amerikaner den Waffenbesitz untersagen. Ob das aber ein Bundesstaat darf oder gar eine Gemeinde, darüber sagt die ursprüngliche Verfassung nichts, wenn man sie an so strengen Maßstäben misst.

Erst nach dem Bürgerkrieg wurde ein weiterer Zusatz aufgenommen, der es Bundesstaaten verbietet, die Freiheitsrechte der Bürger einzuschränken. Waffenfreunde sind der Meinung, dass dieser Zusatz auch auf das Recht auf Waffenbesitz zutrifft. Die Waffengegner argumentieren dagegen, dass es vielmehr im Sinne der Verfassungsväter wäre, die Entscheidung über Einschränkungen für den Waffenbesitz allein den Bundesstaaten und Kommunen zu überlassen.

Waffengegner schwer enttäuscht von Obama

In den vergangenen Wochen haben Waffenfreunde im ganzen Land eine Kampagne gestartet, um für das Grundrecht auf Waffenbesitz zu werben. In allen Bundesstaaten, die so etwas gesetzlich erlauben, besuchten sie provokativ mit Pistolen am Gürtel Restaurants und Schnellimbisse. Besonderer Zielpunkt der Aktion waren Ketten wie Starbucks, deren Publikum als politisch eher links eingestellt gilt. Starbucks indes hat sich der Kontroverse entzogen und erklärt, dass die Filialen den Regelungen der einzelnen Bundesstaaten Folge leisten würden. Andere Ketten wie California Pizza Kitchen untersagten Waffenträgern den Zutritt zu ihren Restaurants.

Politisch hatte die Debatte über Beschränkungen für den Waffenbesitz mit der Amtsübernahme von Präsident Barack Obama noch einmal an Schärfe zugelegt. Vor allem die rechte Waffenlobby hatte eine Angstkampagne gestartet, die suggerierte, dass die neue Regierung den Waffenbesitz drastisch einschränken wolle. Daraufhin schnellten die Prüfanfragen beim FBI erkennbar in die Höhe. Diese Anfragen sind bei den meisten Waffenkäufen in den USA vorgeschrieben, aber im Prinzip bundesweit die einzige Einschränkung. Dabei werden die Waffenkäufer auf einen etwaigen kriminellen Hintergrund überprüft. 2009 gingen beim FBI 14 Millionen solcher Anfragen ein, im Jahr zuvor waren es 12,7 Millionen. Zudem wurden in einem halben Dutzend republikanisch dominierter Bundesstaaten weitere Restriktionen für den Waffenbesitz in den vergangenen Monaten aufgehoben.

Waffengegner und die politische Linke sind indes schwer enttäuscht von Obama. So hat der Präsident bisher keinerlei Anstalten gemacht, ein Wahlkampfversprechen zu erfüllen und die weitgehend unkontrollierten Verkäufe auf den weit verbreiteten Waffenmessen zu reglementieren. Zum Kummer der Waffengegner unterzeichnete er vielmehr Gesetze, die das Tragen von Schusswaffen in Nationalparks und den Transport von Waffen im Reisegepäck bei Zugfahren erlauben.

© SZ vom 02.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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