Vor Russlandreise:Obama und die kalten Krieger

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Obama hat dem russischen Präsidenten Putin vorgeworfen, noch der Mentalität des Kalten Krieges verhaftet zu sein. Jetzt antwortet Russland und glaubt, Obamas Meinung ändern zu können - durch ein Gespärch.

Russland hat die Einschätzung von US-Präsident Barack Obama zurückgewiesen, wonach Ministerpräsident Wladimir Putin teilweise noch der Mentalität des Kalten Krieges verhaftet sei. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, er sei zuversichtlich, dass sich Obamas Sicht des russischen Ministerpräsidenten nach einem Treffen der beiden Politiker in der kommenden Woche ändern werde.

Vor der Russlandreise von US-Präsident Obama hat ein Markt in Moskau Matrioschkas mit Bildern von Medwedew, Obama, Bush und Putin im Angebot. (Foto: Foto: Reuters)

Obamas Eindruck habe "nichts mit einem wahren Verständnis Putins" zu tun. Dies könne unter anderem daran liegen, dass die beiden noch nie miteinander gesprochen hätten, sagte Peskow. Obama hatte Putin am Donnerstag in einem Interview als einen Politiker charakterisiert, der mit einem Fuß noch dem Althergebrachten anhänge und mit dem anderen Fuß dem Neuen folge.

Positives Bild von den USA

Trotz solcher Aussagen haben die USA bei den Russen seit dem Amtsantritt von Obama deutlich an Ansehen gewonnen. Inzwischen haben 46 Prozent der Russen ein positives Bild von den USA, wie aus einer Umfrage des als Kreml-nah geltenden Meinungsforschungsinstituts VTsIOM hervorgeht. Im vergangenen September hatten sich nur 22 Prozent der Befragten so positiv geäußert.

Der US-Präsident will bei seinem Antrittsbesuch in Moskau unter anderem über konkrete Abrüstungsschritte bei den Atomwaffen verhandeln. "Wir werden über die Höchstgrenzen sprechen", sagte Obama in einem anderen Interview. Der Wille zur Abrüstung solle ein Signal für die Welt sein. "Wir wollen die Zeiten des Kalten Krieges hinter uns lassen."

Experten erwarten, dass Obama und Kremlchef Dmitri Medwedew eine Absichtserklärung über ein Nachfolgeabkommen für den Ende 2009 auslaufenden Vertrag über die Reduzierung strategischer Atomwaffen (START) unterzeichnen. Als Ziel könnte darin eine neue Höchstgrenze von 1500 nuklearen Sprengköpfen pro Land festgeschrieben werden. Nach Angaben beider Länder vom April verfügten die USA zuletzt über 5576 Atomsprengköpfe und Russland über 3909.

"Ein Verhandlungserfolg wäre ein großes Plus"

Im Vorfeld des Besuchs führen beide Seiten auf Expertenebene intensive Verhandlungen. Bislang habe man sich noch nicht auf eine konkrete Reduzierungs-Vorgabe einigen können, berichtete die Moskauer Tageszeitung Kommersant mit Verweis auf Delegationskreise. Die russische Regierung unterstrich ihre Haltung, nur dann bei einem Nachfolgeabkommen für START mitzumachen, wenn die Amerikaner auf ihre Raketenabwehrpläne für Mitteleuropa verzichten.

Auch die Regierung Obama scheint nicht übermäßig begeistert von dem von Vorgänger Bush geerbten Raketenabwehrprojekt in Europa zu sein, will aber auch nicht den Eindruck erwecken, vor Russland einzuknicken. "Ohne russischen Druck wird der Plan einer Raketenabwehr in Europa wahrscheinlich von selbst sterben", vermutet Pavel Podvig vom Institut für Sicherheit und Zusammenarbeit an der Universität Stanford. "Doch wenn Russland versucht, Druck auszuüben, wird das die gegenteilige Wirkung haben."

"Ein Verhandlungserfolg wäre ein großes Plus für die Beziehungen, die in den letzten fünf, sechs Jahren ziemlich gestört waren", urteilt der frühere US-Diplomat Steven Pifer von der Brookings Institution. "Es ist wichtig, dass sie ihre Atomwaffen verringern, wenn sie andere Länder glaubwürdig davon abhalten wollen, sich Atomwaffen zuzulegen."

Russland will den USA Waffentransporte erlauben

Weitere Themen sind der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, die Atomprogramme des Irans und Nordkoreas sowie die Lage in Afghanistan. Russland will nach Angaben eines Präsidentenberaters den USA den Transport von Waffen über sein Gebiet nach Afghanistan erlauben.

Zudem ist die Unterzeichnung eines Abkommens über die "Normalisierung der Kontakte auf militärischer Ebene" zwischen Moskau und Washington geplant. Die USA werfen Russland vor, nach dem Südkaukasuskrieg vor einem Jahr ohne Legitimierung tausende Soldaten in den von Georgien abtrünnigen Gebieten Südossetien und Abchasien stationiert zu halten. Moskau hat gegen den Protest des Westens die Provinzen als unabhängig anerkannt.

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