Videogipfel mit Putin:Biden droht Moskau mit Sanktionen

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Nun muss er rechnen: Wladimir Putin im Gespräch mit Joe Biden (Foto: MIKHAIL METZEL/AFP)

Russland könnte den Zugang zum internationalen Finanzsystem verlieren, falls es die Ukraine angreift. Olaf Scholz fordert den Kreml auf, die "Unverletzlichkeit der Grenzen" zu achten.

Von Daniel Brössler, Berlin, Fabian Fellmann, Washington, und Tobias Zick, Berlin/Washington/München

Bei einem Videogipfel mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin hat US-Präsident Joe Biden mit Konsequenzen gedroht, sollte es im Ukraine-Konflikt zu einer Eskalation kommen. Wie das Weiße Haus am Dienstagabend nach dem gut zweistündigen Gespräch mitteilte, habe Biden darin "die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten und unserer europäischen Verbündeten" zum Ausdruck gebracht.

Die USA werfen Russland vor, einen Angriff auf die Ukraine vorzubereiten. Bis zu 175 000 Soldaten soll Moskau gemäß amerikanischer Einschätzung bis zum Frühjahr gegen den Nachbarn in Stellung bringen können. Im Falle einer militärischen Eskalation würden die USA und ihre Verbündeten "mit starken wirtschaftlichen und anderen Maßnahmen" reagieren; dies hat Biden nach Darstellung des Weißes Hauses im Gespräch mit Putin klargestellt.

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Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan ergänzte später, die USA würden die Ukraine im Fall einer Invasion durch Russland weiter aufrüsten. "Und wir würden unsere Nato-Verbündeten an der Ostflanke mit zusätzlichen Fähigkeiten ausstatten, um auf eine solche Eskalation zu reagieren", so Sullivan. Es gebe aber noch eine andere Option: "Deeskalation und Diplomatie".

Einer Mitteilung des Kreml zufolge hat Russlands Präsident Putin bei dem Video-Gipfel seine Forderung nach einem Stopp der Nato-Osterweiterung bekräftigt. Russland wolle verbindliche juristische Garantien, dass sich das westliche Militärbündnis nicht nach Osten ausweite und dort Angriffswaffen stationiere, sagte Putin demnach.

Die USA fordern eine deutliche Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Moskau

Washington geht davon aus, dass Putin noch nicht definitiv über einen Angriff auf die Ukraine entschieden hat, aber im Frühjahr 2022 dazu bereit sein wird - sofern der Truppenaufmarsch nicht nur dazu dient, Druck aufzubauen, damit die Europäer und die Amerikaner die Ukraine wieder Russland überlassen. Präventiv versuchen die USA, die zu erwartenden wirtschaftlichen Kosten einer Invasion in die Höhe zu treiben, um das Kalkül des Kreml-Chefs zu beeinflussen. Als Drohkulisse ließ Bidens Regierung im Vorfeld des Videogipfels Pläne für weitreichende wirtschaftliche Sanktionen kursieren. Diese würden Personen aus dem engsten Umfeld Putins treffen, etwa mit Reiseverboten und dem Einfrieren von Bankkonten.

Ähnliche Schritte haben die USA und die EU bereits mehrfach gegen russische Personen und Firmen unternommen, nachdem Russland die Krim annektiert hatte. Das Verhalten des Kremls konnten diese Sanktionen bislang nicht beeinflussen.

Washington fordert darum auch eine deutliche Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Moskau. Falls Putin in der Ukraine einfällt, könnten die westlichen Länder Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausschließen und russische Banken mit zusätzlichen Einschränkungen belegen.

Einen Tag vor seinem Amtsantritt forderte auch der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Russland auf, im Konflikt mit der Ukraine die "Unverletzlichkeit der Grenzen" zu achten. Es müsse "ganz, ganz klar sein, dass es eine inakzeptable Situation wäre, wenn eine Bedrohung für die Ukraine entstünde", sagte Scholz am Dienstag nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in Berlin. Wie andere in Europa und auch in den USA blicke man "sehr besorgt" auf russische Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze.

Nach dem Gespräch mit Putin wollte der US-Präsident sich erneut mit den europäischen Verbündeten beraten. Am Montagabend hatte die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits mit Biden, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und dem britischen Premierminister Boris Johnson in einem Telefonat über die Kriegsgefahr gesprochen. Die fünf Staats- und Regierungschefs riefen Russland dazu auf, "die Spannungen abzubauen und sich konstruktiv bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur friedlichen Lösung des Konflikts in der Ostukraine zu engagieren". Auch Scholz sprach sich für eine Wiederbelebung des Minsker Friedensprozesses und der Gespräche im sogenannten Normandie-Format aus. Beteiligt daran sind Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine.

Der künftige Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte: "Die ganze Anstrengung Europas muss darauf gerichtet werden, die bestehenden Formate wieder zu reaktivieren und dafür zu sorgen, dass es eben nicht zu einem noch heißeren, aggressiven, kriegerischen Konflikt wird." Habeck deutete auch eine Verknüpfung mit dem Streit um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an.

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