Zugleich gibt es viele verschiedene politische Gruppierungen, die um die Macht ringen - wie die Präsidentschaftswahl 2009 zeigte. Die größte Partei ist die Islamische Gesellschaft der Ingenieure, die zu den Konservativen zählt und der auch Präsident Mahmud Ahmadinedschad angehört. Daneben existiert eine Vielzahl kleiner reformorientierter Gruppen. Viele Liberale wollen diese vereinigen, um eine größere Schlagkraft zu erreichen. Das aber scheiterte bislang an persönlichen Interessen. Allerdings sollte niemand erwarten, dass die Worte liberal oder reformorientiert für diese Politiker dasselbe bedeuten wie für westliche Politiker.
Der saudi-arabische König Abdullah bin Abdul Aziz (links) und der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad beim gemeinsamen Gebet in Mekka 2005.
(Foto: dpa/dpaweb)[] Zivilgesellschaft:
Saudi-Arabiens Wirtschaft wächst und wächst. Öl, Gas, Petrochemie und ein Bauboom - vor allem, aber nicht nur in Mekka: Das alles hat Saudi-Arabien zur größten Volkswirtschaft der arabischen Welt gemacht. Doch bei aller ökonomischen Stärke ist offenkundig: Von einer aufgeklärten und funktionierenden Zivilgesellschaft kann kaum die Rede sein. Das ist im wirtschaftlich eher darbenden Iran anders.
Die dortige Zivilgesellschaft hält Vergleichen etwa mit Deutschland zwar nicht stand. Sie ist aber deutlich pluralistischer als in den arabischen Nachbarländern. Internetcafés, Museen und Kinos sind alltäglich. Es gibt einen - zumindest in den großen Städten - gar nicht so kleinen Mittelstand und viele regierungsunabhängige Organisationen, vom Umweltbereich über das Bildungswesen bis hin zu Frauenrechtsorganisationen.
Dabei spielen auch viele deutsche Intellektuelle eine Rolle. Mit Goethe beschäftigen sich die Iraner häufig - zumal dieser mit seinem West-östlichen Diwan den iranischen Nationaldichter Hafis adelte, gar von "Zwillingen" sprach er. Unter den jungen Akademikern ist derzeit die Beschäftigung mit den Werken von Habermas weitverbreitet.
"Die iranische Zivilgesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur weit verbreitet, sie hat auch eine neue Qualität erreicht", sagt der Publizist Bahman Nirumand (unter anderem Autor des Buches Persien, Modell eines Entwicklungslandes). "Während es früher im Wesentlichen um Forderungen nach mehr Freiheit, Selbstbestimmung, Demokratie und Modernisierung ging, führten das Aufrütteln durch die Revolution und der achtjährige Krieg (mit dem Irak; Anm. d. Red.) zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit der eigenen Kultur, Tradition, aber auch mit der Religion."
[] Rolle und Rechte der Frau:
Es ist erst ein paar Wochen her, da kündigte Saudi-Arabiens König Abdullah eine Reform an. Von 2015 sollen Frauen in seinem Land das Wahlrecht erhalten. Das war aus zwei Gründen allerdings nicht so spektakulär wie es hierzulande zunächst klang: Erstens ließ der König offen, warum denn das Frauenwahlrecht nicht schon beim nächsten, in diesem Herbst anstehenden Urnengang in Kraft tritt, sondern erst in vier Jahren, und zweitens gilt das Wahlrecht nur für Kommunalwahlen, weil es in Saudi-Arabien lediglich Kommunalwahlen gibt.
Dennoch war die Ankündigung des Königs ungewöhnlich, denn die Lage der Frauen in Saudi-Arabien ist miserabel. Alle Frauen müssen in der Öffentlichkeit einen Nikab, also eine Ganzkörperverhüllung, tragen, ihnen stehen nur ein paar Prozent der Arbeitsplätze offen, es herrscht sogar ein Fahrverbot. Eine Frau, die sich kürzlich aus Protest selbst ans Steuer setzte, sollte daraufhin gemäß Gerichtsbeschluss ausgepeitscht werden. Als der Fall öffentlich wurde, verhinderte der König die drakonische Bestrafung.
Auch in Iran ist die Lage der Frauen völlig indiskutabel. Noch immer gilt vor Gericht das Wort eines Mannes mehr als das einer Frau, noch immer erhält eine Frau für denselben Schadensfall weniger Schmerzensgeld als ein Mann, noch immer verliert eine Frau bei einer Scheidung automatisch das Sorgerecht für die Kinder. Und doch gilt das, was die Literaturnobelpreisträgerin Shirin Ebadi vor einigen Wochen in einem Interview mit sueddeutsche.de sagte: "Die Frauen in Iran waren aus gesellschaftlicher und kultureller Sicht immer schon in einer besseren Situation als in anderen islamischen Ländern."