Vatikan und Missbrauchskandal:Papst-Prediger bedauert Antisemitismus-Vergleich

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Benedikts Hausprediger entschuldigt sich, Missbrauchsdebatte mit Judenhass gleichgesetzt zu haben. Die Missbrauchs-Causa wirkt sich auch auf den Beginn der Ostermesse im Vatikan aus.

In Rom hat Papst Benedikt XVI. an diesem Sonntag die traditionelle Ostermesse gefeiert. Trotz strömenden Regens versammelten sich dazu mehrere zehntausend Gläubige auf dem Petersplatz.

Der Vatikan nutzte den Ostergottesdienst zu einer ungewöhnlichen Solidaritätsbekundung mit Papst Benedikt XVI. In einem vom Protokoll abweichenden Schritt stellte sich der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, nachdrücklich hinter den Papst, der wegen des Skandals mehrfach persönlich angegriffen worden ist.

"Die ganze Kirche ist mit Ihnen", unterstützte der Kardinal das 82-jährige Kirchenoberhaupt. Niemals zuvor war eine Ostermesse auf dem Petersplatz mit einer solchen Botschaft an den Papst eröffnet worden.

Kardinal geißelt "Geschwätz des Augenblicks"

Sodano serklärte, das Volk Gottes lasse sich nicht beeindrucken vom "Geschwätz des Augenblicks, von den Prüfungen, die manchmal die Gemeinschaft der Gläubigen treffen".

Papst Benedikt XVI. rief in seiner Osterbotschaft zu Frieden und Eintracht in einer von Gewalt, Diskriminierung und Terror geprägten Welt aufgerufen. Die ganze Menschheit müsse die sich ausbreitende "Kultur des Todes" überwinden, um eine Zukunft der Liebe und Wahrheit aufzubauen, in der jedes menschliche Leben geachtet und aufgenommen werde, verlangte Benedikt.

Auf dem festlich geschmückten Petersplatz forderte er vor Zehntausenden von Gläubigen die Menschen so zu einer geistigen und moralischen Umkehr auf bevor er seinen traditionellen Segen "Urbi et Orbi" spendete. Auf den Skandal um sexuellen Missbrauch in katholischen Einrichtungen mehrerer Länder ging Benedikt dabei nicht ein.

Der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa entschuldigte sich unterdessen für sein Antisemitismus-Zitat im Zusammenhang mit der Missbrauchsdebatte. "Wenn ich entgegen meiner Absicht die Gefühle von Juden und von Opfern der Pädophilie verletzt habe, bedaure ich das aufrichtig, und ich bitte dafür um Entschuldigung", sagte der 75-jährige Kapuzinerpater in einem Interview der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera.

Wenn er geahnt hätte, welchen Konflikt er auslösen würde, hätte er den betreffenden Brief eines jüdischen Freundes nicht in seiner Karfreitagspredigt verwendet.

"Ich denke keineswegs, dass man Antisemitismus und aktuelle Angriffe auf die Kirche vergleichen kann", sagte Cantalamessa. Der Briefautor habe sich auch nicht auf die Schoah bezogen, sondern von "Stereotypen und dem Verschieben individueller zu kollektiver Schuld" gesprochen.

Cantalamessa, einer der meistgelesenen geistlichen Autoren Italiens, hatte sich in seiner Karfreitagspredigt im Petersdom auf den Brief eines jüdischen Freundes bezogen. Dabei zitierte er den nicht namentlich genannten Autor mit der Aussage, der Gebrauch von Stereotypen und das Verschieben von persönlicher zu kollektiver Schuld in der Missbrauchsdebatte erinnere ihn "an die schändlichsten Aspekte des Antisemitismus".

Canatalamessa verteidigte jedoch die Auffassung, in der westlichen Gesellschaft seien antichristliche Einstellungen nach diesem Muster verbreitet. Den Namen seines jüdischen Freundes wollte er auch auf Nachfrage nicht preisgeben. Der Kapuzinertheologe bestritt, dass der Papst in irgendeiner Weise an der Predigt beteiligt gewesen sei.

"Meine Predigten werden nicht vom Vatikan gegengelesen"

"Er hat wie alle anderen meine Worte zum ersten Mal während des Gottesdienstes im Petersdom gehört." Niemals seien seine Predigten vorher von Vatikanmitarbeitern gegengelesen worden.

Das zeuge von einem großen Vertrauen in ihn "und in die Medien", so Cantalamessa.

Zu der Verwendung des Briefzitats habe er sich entschlossen, weil es ihm als "ein Zeugnis der Solidarität für den derzeit so heftig angegriffenen Papst" erschienen sei. Seine Absicht nannte der Prediger "alles andere als feindlich" gegenüber dem Judentum.

Benedikt XVI. ging in seiner Predigt zur Osternacht nicht auf die Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche ein. Seine Predigt drehte sich um die Themen Tod, Leben und Unsterblichkeit. So stellte er die Frage, was geschähe, wenn die moderne Medizin das Leben der Menschen um mehrere hundert Jahre verlängern könnte:

"Die Menschheit würde überaltern, für Jugend würde es keinen Platz mehr geben. Die Fähigkeit zum Neuen würde erlöschen, und ein endloses Leben würde kein Paradies, sondern eher eine Verdammnis sein." Im Verlauf der Osternachtsmesse entzündete der Papst das Osterlicht und leutete somit den Höhepunkt des Kirchenjahres ein.

© sueddeutsche.de/kna/dapd/dpa/pbar - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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