Vatikan und Missbrauch:"Das staatliche Gesetz sollte immer befolgt werden"

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Kein Staat im Staat: Rom wendet sich gegen den Vorwurf, auch der Vatikan habe Kindesmissbrauch vertuscht - und verschärft die Regeln für den Kampf gegen Pädophilie.

Unter dem Eindruck des riesigen Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche hat der Vatikan seine Regeln für den Kampf gegen Pädophilie verschärft und klarer gefasst. In diesen Tagen sollen die neuen kirchenrechtlichen Strafnormen vorgestellt werden, die innerhalb weniger Monate ausgearbeitet wurden, wie Vatikan-Kreise bestätigten. Offiziell äußerte sich der Vatikan nicht.

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Im April 2005 wurde Joseph Ratzinger zum Nachfolger von Johannes Paul II. gewählt. Seither sorgt Benedikt XVI mit seinen Auftritten für Diskussionen. Ein Bilder-Rückblick.

Wichtigster Kernpunkt dürfte sein, was der Heilige Stuhl schon im April zum Höhepunkt des Missbrauchsskandals veröffentlicht hatte: "Das staatliche Gesetz, das die Anzeige von Verbrechen bei den Behörden betrifft, sollte immer befolgt werden." Unter anderem sollen Bischöfe demnach verpflichtet werden, verdächtige Geistliche den Behörden zu melden. Außerdem könnte die seit Frühjahr 2001 bestehende kirchenrechtliche Verjährungsfrist für Pädophilie von derzeit zehn Jahren (gerechnet vom 18. Geburtstag des Opfers an) verlängert werden. Der US-Vatikanexperte John Allen schrieb in seinem Blog, dass die Verjährungsfrist für Missbrauchsdelikte im Kirchenrecht von zehn auf zwanzig Jahre angehoben werde. Die Begrenzung war kritisiert worden.

Unterzeichnet werden soll das Regelwerk von dem US-Kardinal William Levada, der nach der Papstwahl 2005 das Amt des Präfekten der Glaubenskongregation von Joseph Ratzinger übernommen hatte. Benedikt XVI. werde es lediglich bestätigen, heißt es. Damit seien diese neuen Regeln zwar eine Überarbeitung des vatikanischen Dokuments "Delicta graviora" von 2001 zu schweren Missbrauchsfällen, aber keine neue päpstliche Botschaft. Johannes Paul II. hatte 2001 auch den Brief "Sacramentorum sanctitatis tutela" zum Missbrauch veröffentlicht.

Transparenz und Zusammenarbeit

Absolute Transparenz und Zusammenarbeit mit den Behörden gehören zu den oft wiederholten Forderungen Benedikts. Rom hat sich gegen den Vorwurf gewandt, auch der Vatikan habe "vertuscht". In sehr schweren Fällen von Pädophilie könne der Papst einen schuldigen Priester auch ohne kirchenrechtlichen Prozess direkt in den Laienstand versetzen, hatte Rom im April präzisiert. In einigen Missbrauchsfällen könnte die kirchenrechtliche Verjährung ganz aufgehoben werden, heißt es.

Nach Informationen der kirchennahen Nachrichtenagentur i.media verschärft der päpstliche Erlass die internen Regeln der katholischen Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen deutlich. Außerdem sollen pädophile Priester in den Laienstand zurückversetzt werden können. Der Erlass stamme aus der Feder von Papst Benedikt XVI., berichtete i.media.

Die katholische Kirche wird seit Monaten von einer Serie von Missbrauchsfällen auf der ganzen Welt erschüttert. Hochrangige Mitglieder des Klerus stehen dabei im Verdacht, Fälle von sexuellem Missbrauch systematisch vertuscht zu haben.

© dpa/AFP/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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