USA:Wonder Woman oder eine Frau zu viel

USA: Ein Superstar unter den Linken in den USA: Die Harvard-Professorin und Senatorin Elizabeth Warren.

Ein Superstar unter den Linken in den USA: Die Harvard-Professorin und Senatorin Elizabeth Warren.

(Foto: Fred Kfoury/AP)

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren wollte nicht fürs Weiße Haus kandidieren. Jetzt wird spekuliert, ob die Professorin Vize-Präsidentin von Hillary Clinton werden könnte.

Von Sacha Batthyany, Washington

Sie ist der "Superstar der Linken", schrieb die New York Times. Sie genießt "Kultstatus" und kann die Massen mobilisieren, weiß das Time Magazine. Sie ist gemäß Washington Post eine gute Rednerin, stur und ungemütlich, aber argumentativ brillant. Die Rede ist nicht von Hillary Clinton. Die Hymnen beziehen sich auf Elizabeth Warren, 66, Harvard-Professorin und Senatorin aus Massachusetts.

Viele haben sich Warren als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten herbeigesehnt und wurden im vergangenen Jahr enttäuscht, als sie beteuerte, nicht antreten zu wollen. Ihr Name aber fiel nie aus den Schlagzeilen. Neuerdings wird sie als mögliche Vizepräsidentin gehandelt - neben Hillary Clinton. Das Oval-Office ganz in Frauenhand. Ist Amerika bereit dafür?

Hillary Clinton ist die Nominierung rein mathematisch kaum mehr zu nehmen, auch wenn sie in jüngster Zeit wieder Niederlagen einstecken musste. Ihr Herausforderer Bernie Sanders gewann nicht nur in Indiana Anfang Mai, er gewann auch die Vorwahl in West Virginia vor einer Woche. Doch weil bei den Demokraten die Wahlmänner prozentual verteilt werden, haben Sanders' Erfolge auf den Nominierungsprozess wenig Einfluss (die Ergebnisse der Vorwahlen in Oregon und Kentucky waren bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt). Clintons Vorsprung schmilzt nicht, auch wenn es dem Senator aus Vermont Woche für Woche gelingt, ihre Schwächen aufzudecken.

Die ehemalige Außenministerin hat nach wie vor zu kämpfen mit dem tief verwurzelten Misstrauen, das ihr viele entgegenbringen. Bernie Sanders wiederum stößt zwar bei jungen Wählern auf Begeisterung, im Süden aber und bei Minderheiten, finden seine Botschaften zu wenig Gehör, um Clinton zu gefährden.

Sie hat nie gespart mit Kritik an den Abzockern der Wall Street

"Eizabeth Warren als Vizepräsidentin könnte all die enttäuschten Sanders-Anhänger auffangen", sagt der Politexperte Jamal Simmons und spricht von einem "Frauen-Dreamteam", das im Land einen "neuen Enthusiasmus" entfachen und viele Nichtwähler zur Urne führen könnte. Ähnlich wie Sanders, hat Warren nie mit Kritik an der Abzocker-Mentalität vieler Wallstreet-Banker gespart, was ihr bei den progressiven Linken, aber auch bei Arbeitern, die traditionell republikanisch wählen, viele Sympathien brachte. Warren hatte auch als Professorin in Harvard, lange vor der Immobilienblase, von einem überhitzten Häusermarkt in den USA gesprochen, doch viele schlugen ihre Warnungen in den Wind. Erst neulich sagte Vizepräsident Joe Biden in einem Interview , er hätte Warren zu seiner Nummer zwei gewählt, wäre er zur Wahl angetreten.

Angst vor dem großen Schatten der Professorin mit Kultstatus?

Vieles spricht auch gegen die These von Warren als Wonder Woman der Demokraten, die sowohl progressive Wähler mobilisieren könnte, als auch rechte Trump-Gegner. Clinton hat sich zwar nicht gegen eine Frau an ihrer Seite im Weißen Haus ausgesprochen. Doch ihre Beziehung zu der Senatorin aus Massachusetts gilt als "frostig". Clinton habe Bedenken, dass Warrens Kultstatus sie in den Schatten stellen würde, war zu lesen. Andere sagen, zwei Frauen an der Spitze der USA würden männliche, konservative Wähler verprellen.

Elizabeth Warren hat sich zu den Gerüchten um ihre Nominierung nie geäußert, sie war aber alles andere als leise in diesen Tagen. Mit Donald Trump, dem einzig verbliebenen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, verstrickte sie sich in einen Twitter-Streit auf Stammtisch-Niveau. Begonnen hat die Auseinandersetzung harmlos.

Warren twitterte, Trump habe seine Kampagne auf Rassismus und Sexismus aufgebaut: "Es gibt mehr Unterstützung für ihn aus Reihen des Ku-Klux-Klan als aus der Partei, die er anführt." Trump nannte sie dafür die "alberne Warren", und sie ihn "Verlierer" - die wohl größte Beleidigung in Trumps Vorstellungskraft. Der Immobilienspekulant erinnerte seine acht Millionen Twitter-Follower an eine Kontroverse, wonach Warren in Harvard angegeben habe, Nachfahrin von Cherokee-Indianern zu sein, um von der Quotenregelung zu profitieren. "Sie hat ungefähr so viel indianisches Blut wie ich", höhnte Trump - und sprach fortan von Warren nur noch als "Pocahontas".

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