Amerikas Oberster Gerichtshof entwickelt eine bemerkenswerte Freude an der Kontroverse. Die Richter haben binnen weniger Tage viele höchst umstrittene Fälle angenommen, die erstens die Zerrissenheit der USA in gesellschaftspolitischen Themen widerspiegeln und zweitens die Rolle des Gerichts als politischer Faktor im Machtspiel deutlich machen. Die Sache wird nicht weniger spannend, wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Richter inzwischen dem eher konservativen Lager entstammt.
Kein Urteil wird von größerer Bedeutung sein als die definitive Entscheidung über das Einreiseverbot, das Präsident Donald Trump gegen Bürger aus einigen muslimischen Staaten verhängt hat. Das Gericht vermisst hier die Grenzen präsidialer Allmacht neu - und es muss aufklären, ob Trumps Verfügung dem Schutz vor Terror dient oder ob es sich um einen antiislamischen Ausbruch handelt.
Allein die Tatsache, dass der Supreme Court das Verfahren angenommen und Urteilselemente unterer Gerichte kassiert hat, zeugt von der Sympathie der Richtermehrheit für die Sicht Trumps. Dem Präsidenten werden juristische Feinheiten egal sein. Er triumphiert erst einmal, weil nun auch die dritte Säule des demokratischen Gebäudes USA seinem Weltbild folgt. Bald ist Entscheidungstag in Washington: vor Gericht, im Parlament, im Kampf des Präsidenten gegen die Behörden. Es wird ein heißer Herbst.