Landesweite Proteste:USA streiten um Polizeigesetze

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US-Demokraten im Kongress, darunter Nancy Pelosi und Chuck Schumer, knien als Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt nieder. Sie fordern eine Reform des Polizeigesetzes. (Foto: REUTERS)

Die Demokraten im Kongress und in den Stadtparlamenten wollen die US-Sicherheitsbehörden reformieren. Die Republikaner - unter Trumps Führung - kündigen Widerstand an.

Nach neuerlichen Massenprotesten in den USA haben sich vor allem Politiker der Demokraten im Kongress, aber auch in den Städten Minneapolis und New York für eine weitreichende Reform des Sicherheitsapparats ausgesprochen. Die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus brachte am Montag ein Gesetz ein, das von den Polizeibehörden der Bundesstaaten, der Städte und Gemeinden drastische Reformen abverlangen würde. Die exzessive Anwendung von Gewalt würde unter Strafe gestellt, die Ausbildung reformiert und rassistische Tendenzen systematisch dokumentiert und bekämpft.

Ob das Gesetz die Zustimmung der republikanischen Mehrheit im Senat erhält, ist allerdings ungewiss. Justizminister William Barr kündigte bereits Widerstand an, auch die traditionell den Republikanern nahestehenden Polizeigewerkschaften dürften ihre Lobbymacht zeigen. Barr sagte, er werde kein Gesetz akzeptieren, das die Immunität der Beamten bei Todesfällen in Polizeigewahrsam antaste. Auch bestritt er, dass es einen systemischen Rassismus in der Polizeitruppe gebe. Präsident Donald Trump zeigte seine Sympathie für die Polizei, indem er für den Abend Beamte zu einem Gespräch einlud.

Massenproteste in den USA
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Der Beamte in Atlanta wird entlassen, die Polizeichefin der Stadt tritt zurück. Ein Anwalt der Familie des Opfers fordert eine Mordanklage. Ein Schnellrestaurant am Tatort wird bei Protesten in Flammen gesetzt.

Trumps mutmaßlicher Herausforderer in der Präsidentschaftswahl, der Demokrat Joe Biden, verließ am selben Tag zum ersten Mal seit Monaten seinen Heimatort und flog nach Texas, wo er die Familie des vor zwei Wochen getöteten George Floyd treffen wollte. Floyds Tod bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis hat weltweit Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus ausgelöst. Der Getötete wurde am Montag Tag einer Kirche in Houston aufgebahrt, wo Hunderte Menschen von ihm Abschied nahmen. An diesem Dienstag soll er beerdigt werden. Führende Demokraten gedachten Floyds in Washington, indem sie acht Minuten und 46 Sekunden niederknieten, die Dauer seines Todeskampfes.

Die Debatte um die Reglementierung der Polizei hat unterdessen Städte und Bundesstaaten in ganz Amerika erfasst. In Minneapolis selbst beschloss der Stadtrat mit neun zu vier Stimmen, die gesamte Polizei neu zu organisieren. Die Stadträte überstimmten damit Bürgermeister Jacob Frey, der vor einem derart drastischen Schritt gewarnt hatte. Der Beschluss der Stadträte ist weitgehend unspezifisch, allerdings trieben die Lokalpolitiker einen lange schwelenden Konflikt mit der örtlichen Polizeibehörde auf einen Höhepunkt. In dem Streit geht es um Polizeitaktik, zivilen Bürgerschutz, die Gewaltschwelle und Rekrutierungsbedingungen für Beamte. In New York kündigte Bürgermeister Bill de Blasio an, das Sechs-Milliarden-Dollar-Budget der Polizei (NYPD) zu kürzen und Geld für Sozialprojekte und andere Sicherheitsprogramme auszugeben. Auch in New York wird seit zehn Tagen gegen Polizeigewalt protestiert.

In Washington wurden unterdessen die von Trump angeforderten Einheiten der Nationalgarde abgezogen. Zuletzt hatten drei frühere Generalstabschefs Trumps Entscheidung kritisiert. In Seattle fuhr am Sonntagabend ein Mann in eine Demonstrantenmenge und schoss auf einen Teilnehmer, der sich ihm in den Weg gestellt hatte.

© SZ vom 09.06.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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