Leibwächter von US-Präsident Obama:Pannen-Service statt Secret Service

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Secret Service-Beamte vor dem Weißen Haus. (Foto: dpa)

Präsident Obama sorgt sich um die Zuverlässigkeit seiner Leibwächter: Der Secret Service machte zuletzt eher durch Saufgelage und Sicherheitslücken auf sich aufmerksam.

Von Nicolas Richter, Washington

Manche Beamte des United States Secret Service sagen, sie seien "Rockstars ohne Gitarren". Sie fühlen sich als Elite, wenn auch als wenig sichtbare. Als stille Begleiter behüten sie den US-Präsidenten. Sollte jemand auf ihn schießen, würden sie sich dazwischenwerfen. Die peinlicheren Seiten dieser Machokultur offenbarten sich Anfang 2012: Zwei Tage vor einem Gipfeltreffen in Kolumbien, zu dem US-Präsident Barack Obama anreisen sollte, wurde ein Dutzend Männer vom Secret Service mit Prostituierten erwischt.

Als Obama im vergangenen Jahr Julia Pierson zur Direktorin des Secret Service beförderte, lautete ihr Auftrag, solche Skandale zu verhindern. Als erste Frau an der Spitze dieser 149 Jahre alten, sehr männlichen Organisation sollte sie für neue Disziplin sorgen. Doch jetzt offenbart sich, dass die Kompetenz des Secret Service (und damit die Sicherheit Obamas) noch grundsätzlicher in Frage steht als nach der Kolumbien-Affäre. Am Dienstag musste sich Pierson vom Kongress fragen lassen, ob sie ihre rockenden Leibwächter je in den Griff bekommen hat - einen Tag später reichte sie ihren Rücktritt ein.

Der Fehler liegt im System

Kürzlich drang ein bewaffneter Mann durch den Haupteingang ins Weiße Haus ein und gelangte bis weit ins Innere. Er hätte durchaus auf Obama treffen können, der aber zufällig gerade das Haus verlassen hatte. Entgegen den eigenen Regeln des Secret Service stand kein Beamter vor dem Eingang, und die Tür blieb auch dann noch unverriegelt, als der Täter schon den Zaun überwunden hatte. Auch ist jetzt der Verdacht entstanden, dass der Secret Service gelogen hat: Zunächst hat er so getan, als habe er den Mann noch am Eingang überwältigt.

Das Weiße Haus ist Wohnhaus, Bürogebäude und Touristenattraktion in einem, es soll ständig Menschen empfangen und doch unangreifbar sein. Aber die jüngsten Pannen legen nahe, dass der Systemfehler beim Secret Service selbst liegt. Im Jahr 2011 schoss ein Mann auf das Gebäude; Obama war nicht zu Hause, wohl aber seine Tochter Sasha. Damals schon sollen die Sicherheitsleute etliche schwere Fehler gemacht haben.

Der Job besteht meist nur aus Warten

Julia Pierson, 55, galt zunächst als sehr geeignet, um den guten Ruf des Secret Service wiederherzustellen. Sie ist seriös und integer und gilt als hervorragende Kennerin ihrer Organisation. Doch die Disziplinlosigkeit ist weiter verbreitet als gedacht. Vermutlich hat sie viel mit Langeweile zu tun und wenig mit dem Leben eines Rockstars: Meist besteht der Job nur aus Warten, während so gut wie nichts geschieht. Unlängst musste Pierson Obama erklären, warum sich ihre Beamten in Amsterdam so betrunken hatten, dass einer von ihnen bewusstlos in einer Hotellobby gefunden wurde.

Mit dieser Lächerlichkeit allein könnte der Präsident wohl noch leben. Aber er muss auch befürchten, gar nicht mehr zu leben, wenn seine Leibwächter versagen. Obama steht zwar noch zu Pierson, hat jedoch erklärt, dass er sich Sorgen mache, vor allem um seine Familie. Der republikanische Abgeordnete Darrell Issa sagte vor der Anhörung Piersons im Kongress, die meisten Organisationen könnten mit einer Erfolgsquote von 97 Prozent zufrieden sein. Der Secret Service aber brauche stets 100 Prozent.

© SZ vom 01.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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