Nord Stream 2:US-Repräsentantenhaus stimmt für Sanktionen wegen Ostsee-Pipeline

  • Das US-Repräsentantenhaus hat für Sanktionen gegen das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 gestimmt.
  • Mit den Sanktionen soll unter anderem die Arbeit der Spezialfirmen, deren Schiffe die Rohre im Meer verlegen, erschwert werden.
  • Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an Gas von Russland nach Deutschland transportieren.

Das US-Repräsentantenhaus hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf den Weg gebracht. Die Abgeordneten stimmten am Mittwochabend mit großer Mehrheit für ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt, in das das Sanktionsgesetz eingefügt worden war. Erwartet wird, dass der Senat das Gesetzespaket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende kommender Woche verabschiedet. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird.

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, etwa 300 Kilometer fehlen noch. Der US-Kongress will die Fertigstellung des Projekts verhindern. Die Sanktionen könnten es zumindest verzögern.

Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde. Präsident Trump hat Berlin immer wieder kritisiert, weil das Projekt wirtschaftliche Vorteile für Russland hat. Das nun gebilligte Gesetzespaket unterstützen auch viele Demokraten, denn es gilt unter anderem als Vergeltungsmaßnahme für die russische Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl 2016, die Hillary Clinton gegen Trump verlor. Trump weigert sich allerdings, Russlands Staatschef Putin für die Einmischung in die US-Wahl öffentlich zu kritisieren. Sowohl Präsident Trump als auch Demokraten und Republikaner aus beiden Kammern des Kongresses laufen seit Langem Sturm gegen Nord Stream 2.

Innerhalb Europas gibt es ebenfalls Kritiker. Sie argumentieren, dass Nord Stream 2 den EU-Binnenmarkt bedrohe sowie Milliardeneinnahmen der Ukraine als Transitland für russisches Gas gefährde. Auch Polen profitiert bisher von Transitzahlungen.

Das amerikanische "Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit" sieht nun Sanktionen gegen die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe vor, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch TurkStream - eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll - ist betroffen. Ebenso gelten die Sanktionen für jegliche Folgeprojekte von Nord Stream 2 und TurkStream.

Sanktionen sollen die Konstruktion verzögern

Das Gesetz sieht vor, dass der US-Außenminister in Absprache mit dem Finanzminister dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.

Der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, fordert Gegensanktionen. "Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten", sagte Schepp. Die energiepolitische Unabhängigkeit Europas stehe auf dem Spiel. Nord Stream 2 erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise - auch im Vergleich zum teureren amerikanischen Flüssiggas LNG. Die USA wollten mit den Sanktionen den Verkauf von LNG nach Europa fördern.

Deutschland als Geisel Russlands?

"Deutschland braucht günstige Energiepreise, um mit seinen energieintensiven Industrien im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können", sagte Schepp. Eine zu hohe Abhängigkeit von russischem Gas in Deutschland wies er als "Scheinargument" zurück. Die EU hänge bei "nüchterner Betrachtung der Fakten unzweifelhaft weniger vom russischen Gas ab als Russland von den Deviseneinnahmen für in die EU geleitetes russisches Gas". Die Sanktionen würden aber weniger Russland treffen, sondern in erster Linie europäische Unternehmen und deutsche Energieinteressen.

Eingebracht hatten das Gesetz der republikanische Senator Ted Cruz und die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen. Cruz erklärte vor der Verabschiedung durch das Repräsentantenhaus, man werde sicherstellen, dass die Sanktionen voll umgesetzt würden. Shaheen nannte das Gesetz eine "überparteiliche Botschaft des Kongresses an Wladimir Putin, dass die Vereinigten Staaten nicht tatenlos zusehen werden, während der Kreml versucht, seinen bösartigen Einfluss weiter zu verbreiten".

Das US-Außenministerium hatte bei einer Anhörung im Senat in der vergangenen Woche eingeräumt, dass diplomatische Versuche, die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline zu verhindern, bislang nicht zum Erfolg geführt hätten. Trump hatte bereits vor Monaten gewarnt, Deutschland könnte mit der Pipeline zur "Geisel Russlands" werden.

Nord Stream 2 wird zwar größtenteils vom russischen Konzern Gazprom finanziert. Doch auch fünf europäische Partner sind daran beteiligt: das M-Dax-Unternehmen Uniper aus Düsseldorf, die BASF-Gastochter Wintershall, Royal Dutch Shell aus den Niederlanden, OMV aus Österreich und der französische Gasversorger Engie.

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