USA:Flaggen im Sturm

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USA: Ein Demonstrant mit Konföderierten-Flagge protestiert gegen den Abbau des Monuments von Robert E. Lee in New Orleans.

Ein Demonstrant mit Konföderierten-Flagge protestiert gegen den Abbau des Monuments von Robert E. Lee in New Orleans.

(Foto: AP)

Weil New Orleans Konföderierten-Statuen abbauen will, tauchen Bürgerwehren auf, um die rassistischen Symbole zu verteidigen.

Reportage von Beate Wild, New Orleans

Ort und Zeitpunkt des Showdowns stehen seit Tagen fest: Sonntagnachmittag, vier Uhr, Lee Circle in New Orleans. Um sicher zu gehen, sind die ersten "Kämpfer für die Bewahrung der Geschichte" bereits Stunden vorher gekommen.

Einige gehören der "Militia" an, den umstrittenen "Bürgerwehren". Sie tragen Camouflage-Kleidung, Helme, schusssichere Westen. Viele schwenken die Konföderierten-Flagge, rot mit einem blauen Kreuz und weißen Sternchen darauf.

Über ihnen thront General Robert E. Lee auf seinem gewaltigen Sockel: Die Stadt New Orleans, tief im Süden der USA, hat beschlossen, mehr als 150 Jahre nach Ende des amerikanischen Bürgerkrieges Lees Denkmal und das von drei weiteren Konföderierten-Helden abzubauen.

Für die selbsternannten Denkmalschützer symbolisieren die Statuen ein historisches Erbe, das es zu bewahren gilt. In der gleißenden Sonne warten sie nun auf den Protestzug der Take 'Em Down NOLA Coalition. Für die Monument-Gegner personifizieren die Figuren die dunkle Vergangenheit der Südstaaten, den Rassismus und die Weigerung, sich der Vergangenheit zu stellen.

60 Prozent der Bürger in New Orleans sind schwarz, 33 Prozent sind weiß

Ein Großteil des als liberal geltenden New Orleans unterstützt die Abrisspläne von Bürgermeister Mitch Landrieu. Um zu verstehen, wie wichtig der Beschluss des Stadtrats ist, muss man wissen: 60 Prozent der Bürger in New Orleans sind schwarz, nur 33 Prozent sind weiß.

Die Atmosphäre ist aufgeheizt. Beim Abbau des Liberty Place Monument, eines der vier umstrittenen Denkmäler, rückten vor zwei Wochen mitten in der Nacht maskierte Bauarbeiter an, begleitet von Polizisten mit schusssicheren Westen. In der Nähe sicherten Scharfschützen die Aktion ab.

Landrieu, der Bürgermeister, hat bereits Morddrohungen erhalten - genau wie die Bauunternehmer, die die Demontage durchführen sollen. Einer von ihnen sah seinen 200 000 Dollar teuren Lamborghini in Flammen aufgeben, es sollte wohl eine Warnung sein. Aus der Ferne hetzen prominente rechtsnationale Aktivisten.

Der im Umland wohnende Neonazi-Opa und Holocaust-Leugner David Duke nannte Landrieu "a traitorous cuck", einen verräterischen Schlappschwanz - eine gängige Verunglimpfung aus dem rechten Lager. Duke, ehemaliger Anführer des Ku Klux Klan, nutzte die Monumente einst häufiger als Kulisse für seine Kundgebungen.

Proteste Lee Circle New Orleans

Am Lee Circle treffen Gegner und Befürworter des Denkmal-Abbaus aufeinander.

(Foto: Beate Wild)

Jetzt warten die verbliebenen Konföderierten-Statuen von P.G.T. Beauregard, Jefferson Davis und Robert E. Lee darauf, ihren angestammten Platz in den Grünanlagen der Stadt zu räumen. Doch so schnell und widerstandslos wie damals im Amerikanischen Bürgerkrieg scheinen die Anhänger der Konföderierten New Orleans dieses Mal nicht aufgeben zu wollen. Es vergeht kein Tag, an dem die selbst ernannten Patrioten nicht Wache halten bei ihren Helden.

Viele der Aktivisten stammen gar nicht aus New Orleans, sondern sind extra angereist - aus Mississippi, Alabama, Arkansas und anderen Bundesstaaten. Einige von ihnen sind den "white supremacists" zuzurechnen, den weißen Rechtsextremen, die an die Überlegenheit der weißen Rasse glauben und die sich seit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten ideologisch im Aufwind fühlen.

Diese Männer sind bereit für die Statuen zu kämpfen - wenn es sein muss offenbar mit Waffengewalt. Einige tauchen bei den Mahnwachen mit automatischen Gewehren auf - in Louisiana ist das nicht verboten.

Landesweit über 700 Konföderierten-Denkmäler

All dies werde die Stadt nicht davon abhalten, "diese Symbole weißer Vorherrschaft" zu entfernen, so Landrieu in einer Stellungnahme. Die Statuen würden ja nicht eingeschmolzen, sie sollen in einem Museum ausgestellt und dort in den historischen Kontext gesetzt werden.

Ein Report des Southern Poverty Law Centers listet landesweit über 700 Denkmäler auf, die die Konföderierten glorifizieren. Viele von ihnen wurden genau in jenen historischen Phasen aufgestellt, als die diskriminierenden Rassengesetze gegen Afroamerikaner in Kraft traten oder als die schwarze Bürgerrechtsbewegung immer lauter gleiche Rechte einforderte.

Eine neue nationale Debatte über die Konföderierten-Symbole entfachte 2015 der Massenmord des Rassisten Dylann Roof. Der Mann hatte in einer Kirche in South Carolina neun schwarze Kirchgänger kaltblütig erschossen. Auf Bildern posierte Roof gerne mit der Konföderierten-Flagge. Nach dem Vorfall ließ unter anderem South Carolina die umstrittene Fahne abnehmen, die bis dahin immer noch vor dem Kapitol wehte.

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