Sicherheitskonferenz:Die USA warnen China

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US-Außenminister Antony Blinken (rechts) sprach sich, beobachtet vom ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba, für einen "gerechten Frieden" aus. (Foto: Imago)

US-Außenminister Blinken und Chinas wichtigster Außenpolitiker Wang Yi nutzen den Konferenzort München für ein persönliches Treffen. Es gibt wechselseitige Vorwürfe. China kündigt einen Vermittlungsvorschlag zum Krieg in der Ukraine an.

Von Kai Strittmatter

US-Außenminister Antony Blinken und Chinas Top-Diplomat Wang Yi haben sich am Rande der Sicherheitskonferenz eine Auseinandersetzung über den Krieg in der Ukraine und den Ballon-Zwischenfall geliefert. Beim Treffen am Samstagabend handelte es sich um den ersten direkten Kontakt nach dem Abschuss des chinesischen Beobachtungsballons über den USA und der abrupten Absage einer Reise Blinkens nach Peking. Eine gemeinsame Erklärung veröffentlichten beide Seiten nicht, allerdings geht aus individuellen Mitteilungen der beiden Seiten hervor, dass nicht mit Vorwürfen gespart wurde.

Blinken erklärte hernach, er habe in seinem Gespräch mit Wang Yi China davor gewarnt, Russland mit der Lieferung von Waffen und Munition für den Krieg in der Ukraine zu unterstützen. Washington habe Informationen, dass China nun erwäge, Moskau "tödliche Unterstützung" zu leisten, sagte Blinken in einem Interview mit dem TV-Sender CBS: "Wir haben ihnen sehr deutlich gemacht, dass dies ein ernstes Problem für uns und unsere Beziehungen darstellen würde."

Blinken habe in dem Gespräch zudem die "inakzeptable Verletzung der Souveränität der USA und des internationalen Rechts" durch den Eintritt eines chinesischen Überwachungsballons in den US-Luftraum angesprochen, sagte Außenamtssprecher Ned Price. Der US-Außenminister selbst sagte in dem CBS-Interview aber auch, das Treffen mit Wang Yi sei nützlich gewesen: "Wir müssen sicherstellen, dass der Wettbewerb, in dem wir uns eindeutig befinden, nicht in einen Konflikt ausartet."

Staatsrat Wang Yi hat zuvor bei seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz einen Vermittlungsvorschlag Chinas zum Krieg in der Ukraine angekündigt, ohne allerdings ins Detail zu gehen. Peking werde "ein Positionspapier vorlegen zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise", sagte Wang Yi. Die USA sehen diesen Vorstoß mit Misstrauen, weil China seine Vorschläge offenbar zuerst in Moskau unterbreiten will.

In den vergangenen zwölf Monaten hatte es auch aus Europa vereinzelt Aufrufe an China gegeben, als Vermittler tätig zu werden. Beobachter bezweifeln allerdings, dass Peking tatsächlich in der Position ist, eine solche Rolle erfolgversprechend einzunehmen. Das Land bezeichnet sich selbst in dem Konflikt als neutral. Gleichzeitig ist die Führung eine strategische Allianz mit Russland eingegangen.

Befragt nach dem Inhalt des von ihm angekündigten Positionspapiers nannte Wang Yi unter anderem die Achtung der territorialen Integrität der Beteiligten und der UN-Charta. Außerdem müssten "die legitimen Sicherheitsinteressen" aller Akteure berücksichtigt werden. Mit diesem oft wiederholten Satz stellt sich Peking gemeinhin hinter die Position Moskaus, wonach die angeblich zunehmende Bedrohung Russlands durch die Nato Auslöser des Krieges war.

Die ersten Reaktionen auch aus Europa waren denn auch eher skeptisch. Chinas Friedensplan sei "ziemlich vage", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in München vor Journalisten. Stoltenberg erinnerte daran, dass China bis heute "nicht in der Lage war, die Invasion zu verurteilen".

Für die USA dagegen fand Wang Yi in München scharfe Worte. Er sagte, die Regierung in Washington fahre "eine Schmutzkampagne gegen China". Der Abschuss des Ballons sei "ein hundertprozentiger Missbrauch militärischer Gewalt und eine klare Verletzung internationaler Normen" gewesen. Er warf den USA auch vor, "andere Länder" gegen China aufwiegeln zu wollen - eine klare Anspielung auf die Europäer. Wang Yi war einst Außenminister, seit dem Parteitag der Kommunistischen Partei im November vergangenen Jahres jedoch hat er die in China weit mächtigere Position des außenpolitischen Chefs der KP inne. Es ist seine erste Reise als Chinas mächtigster Außenpolitiker, vergangene Woche hatte er vor München schon Paris besucht. Seine Mission ist auch Teil einer Charmeoffensive Chinas den Europäern gegenüber: China möchte nach dem auch durch seine Null-Covid-Politik bedingten Wirtschaftseinbruch dringend die Handelsbeziehungen mit Europa stabilisieren.

Bei seinen Ausführungen sagte Wang Yi in München auch, leider gebe es "Mächte, die größere strategische Ziele haben, die über den Krieg hinausgehen" und denen "das Leid der Ukrainer egal" sei. Auch das schien eine Anspielung auf die USA zu sein, die in Pekings Propaganda oft dargestellt werden als der Akteur, der im Ukraine-Krieg Öl ins Feuer gießt.

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