US-Wahlkampf im Netz:Romney und Obama im Kampf der schönen Bilder

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Lustige Fotos statt politischer Inhalte: Im amerikanischen Online-Wahlkampf versuchen die Teams der Präsidentschaftskandidaten, die Wähler mit emotionalen Fotos auf ihre Seite zu ziehen. Denn was in sozialen Netzwerken tausendfach Verbreitung findet, schafft es auch ganz schnell in die Medien.

Inga Methling

Texte sind langweilig, Fotos und Videos finden im Netz viel besser und schneller Verbreitung. So zumindest kalkulieren offenbar die Wahlkampfteams von US-Präsident Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney: Ein Großteil des Wahlkampfes um die 45. US-Präsidentschaft wird dorthin verlagert - nun sollen visuelle Reize die Aufmerksamkeit der Wähler sichern.

Der perfekte Schnappschuss für die PR-Fotografen des Weißen Hauses: US-Präsident Obama hält am Unabhängigkeitstag Anfang Juli ein Baby auf dem Arm.  (Foto: The White House)

2003 mobilisierte mit dem Demokraten Howard Dean erstmals ein Präsidentschaftsbewerber seine Anhänger über das Internet - für den Sieg bei den Vorwahlen reichte dies damals nicht. Im Jahr 2012 ist der digitale Wahlkampf längst Alltag, es gibt es kaum eine Plattform, auf der sich Demokraten und Republikaner nicht breit machen. Nicht umsonst spuckt Google rund 276 Millionen Treffer beim Namen Barack Obama aus.

Nun geht es also um die Macht der Bilder: Bereits bei seiner letzten Wahl 2008 platzierte der Online-Präsident eigens inszenierte Fotos über die Plattform Flickr geschickt in den Medien, da kein Pressefotograf so nahe an ihn herankam. In den Köpfen geblieben ist auch das Bild aus dem Weißen Haus, auf dem Obama zusammen mit seinem engsten Mitarbeiter-Stab live die Jagd auf den Terrorführer Osama bin Laden verfolgt. Die PR-Inszenierung wurde zum Medienrenner.

Fotos wecken Emotionen

Aktuell schaffen es vor allem die Bilder aus Washington in die Medien, die Obama mit Babys auf dem Arm zeigen. Süddeutsche.de zeigte kürzlich eines davon, die Washington Post veröffentlichte gleich eine ganze Galerie der schönsten Bilder aus dem Weißen Haus - inklusive Baby-Knuddel-Foto - und portraitierte Obamas PR-Fotografen Peter Souza.

Gerade die sozialen Foto-Netzwerke Instagram oder Pinterest machen es noch leichter, Bilder schnell zu verbreiten. Bei Instagram, einer Foto-App für Smartphones, mit der sich Bilder aufnehmen, aufhübschen mit Freunden teilen lassen, sind zahlreiche Fotos des Präsidenten zu sehen. Sie zeigen, wie Obama mit breitem Lächeln den Bürgern die Hände schüttelt, ein Candle-Light-Dinner mit seiner Frau Michelle genießt oder in heroischer Pose am Rednerpult steht. Bilder, die mit wenig Aufwand über eine Million Menschen, seine Follower, erreichen.

Bei Pinterest, einer Online-Pinnwand, auf der Menschen Bilder von optisch ansprechenden Objekten miteinander teilen können, sind es zwar weit weniger Anhänger - etwa 32.000 - dafür kann Obamas Team hier eine sehr wichtige Wählergruppe direkt ansprechen, erklärt der Blogger und Netzpolitik-Experte Markus Beckedahl: "Studien belegen, dass hauptsächlich Frauen bei Pinterest unterwegs sind, die emotional angesprochen werden wollen." Obama auf seiner Hochzeit, Obama mit Baby im Arm, Obama mit Hund im Garten, ja sogar Schokokekse mit einem O für Obama sollen das Herz der weiblichen Wähler höher schlagen lassen.

Auch Romney kennt die Macht der schönen Bilder

Und wo bleibt Romney? "Der konservative Wähler ist nicht so netzaffin und oft älter", erklärt der Kommunikations- und Medienexperte Christoph Bieber von der Universität Duisberg-Essen. Der Republikaner habe außerdem viel mehr Geld zur Verfügung und könne weiterhin auf die klassischen Medien setzen, sagt Beckedahl von netzpolitik.org.

Trotzdem setzen auch Romneys Wahlkampfstrategen auf Heile-Welt-Bilder, die sich im Internet verbreiten sollen. Sie laden fast täglich mehrere Fotos bei Flickr hoch, die den Gouverneur von Massachusetts beim Spielen mit kleinen Kindern, händeschüttelnd oder verliebt mit seiner Frau Ann zeigen. Er hat sogar ein eigenes Album, das nur weibliche Romney-Fans mit Herzchen-Plakaten zeigt. Das für Hunde kommt bestimmt noch.

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