US-Präsident in Buchenwald:Obama auf Spurensuche

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Es ist eine Begegnung mit seiner Familiengeschichte, doch was der US-Präsident tut, ist nie privat: Barack Obama besucht die KZ-Gedenkstätte Buchenwald.

US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben das frühere Konzentrationslager Buchenwald besucht. Nach politischen Gesprächen und einem Besuch der Dresdner Frauenkirche am Freitagvormittag sind sie in das frühere Konzentrationslager bei Weimar geflogen. Der Hubschrauberflug Obamas von der sächsischen Hauptstadt dauerte rund 50 Minuten.

Barack Obama legt weiße Rosen in der Gedenkstätte Buchenwald nieder. (Foto: Foto: AP)

Nach der Eintragung ins Goldene Buch des Freistaates Thüringen und der Stadt Weimar machten Merkel und Obama zunächst am Denkmal für die früheren Häftlinge halt. Anschließend besichtigten sie einen Teil des Lagers, darunter auch das Krematorium, in dem unzählige Juden verbrannt wurden.

Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel führte die beiden Politiker durch das Lager. Er war bei der Befreiung des Lagers 1945 in Buchenwald inhaftiert gewesen.

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Dresden hatten Merkel und Obama bereits auf die symbolische Bedeutung des Besuchs hingewiesen. Es sei für ihn "sehr wichtig, Buchenwald zu besuchen", sagte Obama.

Er sei noch nie in einem Konzentrationslager gewesen und habe speziell zu diesem eine persönliche Verbindung, sagte der US-Präsident. Sein Großonkel gehörte zu einer Einheit, die 1945 an der Befreiung eines Außenlagers von Buchenwald beteiligt war. Merkel bezeichnete es als einen bewegenden Moment, mit dem US-Präsidenten das Lager zu besuchen, das einst von amerikanischen Truppen befreit wurde.

Im Konzentrationslager Buchenwald waren von Juli 1937 bis April 1945 rund eine Viertelmillion Menschen aus allen europäischen Ländern inhaftiert. Die Zahl der Opfer wird auf mindestens 56.000 geschätzt.

Zahllose Menschen starben an Hunger und Auszehrung, andere wurden umgebracht oder kamen bei medizinischen Versuchen ums Leben. Ein Großteil der jüdischen Häftlinge wurde ab 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Was dieser dort als "junger Mann" erlebt habe, sei für den Bruder seiner Großmutter ein "großer Schock" gewesen. Nach der Rückkehr in die USA habe er eine schwere Zeit gehabt. Als junger Mann hätten ihn die Berichte seines Onkels sehr beschäftigt, fügt Obama hinzu.

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Natürlich verfolgt Obama mit seinem Besuchsprogramm an diesem Tag in erster Linie politische Absichten. Nach seiner Rede an die muslimische Welt am Vortag in Kairo will er mit dem Aufenthalt in Buchenwald zeigen, dass seine Regierung fest zu Israel steht. Das hat er in Kairo zwar auch schon gesagt, der Gang über das KZ-Gelände soll das aber noch einmal unterstreichen.

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Auch Merkel wählt große Worte. Sie erinnert daran, dass Buchenwald nun wieder in einem freien Land zu besichtigen sei. "Das ist bewegend und beispielhaft für das, was Geschichte möglich gemacht hat, wenn genügend Menschen an die Freiheit glauben", sagt die Kanzlerin.

Der Holocaust-Überlebende Elie Wiesel hatte US-Präsident Obama auf die Idee gebracht, das frühere Konzentrationslager Buchenwald zu besuchen. Obama zusammen mit Bundeskanzlerin Merkel durch das KZ zu führen, ist nur eine weitere bemerkenswerte Begebenheit im Leben des 80-jährigen Friedensnobelpreisträgers.

Dabei wandelt Wiesel einmal mehr auf den Spuren seiner Vergangenheit: Zu Kriegsende war er in Buchenwald interniert. "Sollten wir durch ein Wunder eines Tages hier herauskommen, dann weihen wir unser ganzes Leben dieser Pflicht, Zeugnis abzulegen angesichts der allgemeinen Gleichgültigkeit, um von der Einsamkeit der Greise, den Blicken der Mütter zu berichten, vom Lächeln der Kinder, die in den Tod marschierten", lautete das Gelübde Wiesels.

Er überlebte die Todesmaschinerie der SS als Zwangsarbeiter im Buna-Werk und wurde am 11. April 1945 in Buchenwald befreit. Mit seiner Führung für Obama und Merkel trägt der 80-Jährige einmal mehr dafür Sorge, dass die Gräuel des Dritten Reichs nicht in Vergessenheit geraten.

Nach dem Besuch in Buchenwald schloss der US-Präsident seinen eintägigen Deutschlandbesuch am Abend mit einer Stippvisite in Rheinland-Pfalz ab. In Landstuhl besuchte er ganz ohne deutsche Begleitung das US-Militärhospital, wo amerikanische Kriegsverwundete aus dem Irak und Afghanistan behandelt werden. Anschließend flog er nach Frankreich weiter. Dort wird Obama am Samstag an den Feiern zum 65. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilnehmen.

© AP/dpa/bavo/woja/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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