US-Justizminister Eric Holder:Obamas Blitzableiter

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US-Justizminister Eric Holder: im Parlament "gegrillt". (Foto: AFP)

Eric Holder hat ein paar entspannte Monate hinter sich. Ausnahmsweise forderte niemand seinen Rücktritt oder kritisierte ihn. Das ist jetzt vorbei. Im Skandal um die Bespitzelung von Reportern rückt der amerikanische Justizminister erneut ins Zentrum einer politischen Kontroverse.

Von Nicolas Richter, Washington

Eric Holder dürften die vergangenen Monate seltsam vorgekommen sein: Niemand verlangte seinen Rücktritt oder kritisierte ihn, nur ganz wenige merkten überhaupt, dass die US-Regierung einen Justizminister namens Eric Holder beschäftigt.

Weil aber jede schöne Zeit - besonders in Washington - wieder endet, saß Holder dieser Tage im Parlament, um von den Abgeordneten, wie es hier heißt, "gegrillt" zu werden. Der jüngste Skandal: Ein Bundesstaatsanwalt hatte Hunderte Journalisten-Telefonate ausgewertet, um einen Geheimnisverräter in der Regierung zu überführen. Holder hatte die Ermittlung angeordnet; nun sollte er erklären, warum die Nachrichtenagentur AP in diesem Ausmaß bespitzelt wurde. Verstöße gegen die Freiheit der Presse seien doch "sehr beunruhigend", fanden die Abgeordneten. Der Justizminister als Feind der Grundrechte?

Holder - man nennt ihn auch den "Blitzableiter" - kam das vermutlich vertraut vor. In den vergangenen Jahren sah er sich immer wieder Argwohn und Vorwürfen der Republikaner ausgesetzt, etwa deswegen, weil er die mutmaßlichen Terroristen des 11. September 2001 von Guantanamo nach New York holen wollte, um sie vor zivile Strafgerichte zu stellen. Er scheiterte am Widerstand des Parlaments und weckte auch in der Stadt New York Unbehagen.

Holder, 62, ein liberaler Jurist, war den Republikanern von Anfang an verdächtig, weil er die Terrorabwehr der Bush-Jahre für verfehlt bis rechtswidrig erklärt hatte. Seitdem versuchen die Rechten, ihm ein Fehlverhalten nachzuweisen. Im vergangenen Sommer rügte ihn das mehrheitlich rechte Parlament wegen einer misslungenen Operation der US-Behörden gegen mexikanische Drogenkartelle. Er bezeichnete das alles als Wahlkampftheater.

Geboren wurde Holder in der Bronx, als Kind von Einwanderern aus Barbados. Er hat als Staatsanwalt und im Justizministerium Karriere gemacht. Er ist dunkelhäutig wie der Präsident und sagte einmal, die USA seien "eine Nation von Feiglingen", weil sie über Rasse nicht offen redeten. Daraufhin überlegte man im Weißen Haus, ob nicht jemand mit politischem Feingefühl auf ihn aufpassen sollte.

Dabei wirkt Holder meist zurückhaltend und sanft. Er gilt deswegen als umgänglich, womöglich aber auch als nachgiebig. Besonders jetzt dürfte er sich missverstanden fühlen. Er, der nach den Bush-Jahren zu einer liberalen Rechtspolitik zurückfinden wollte, ist nun verdächtig, Journalisten zu verfolgen und Whistleblower anzuklagen. Sein Präsident immerhin sprach ihm noch am Donnerstag das Vertrauen aus und die Skandale geben ihm nun Gelegenheit, das Bild zu korrigieren: Holder befürwortet ein neues Gesetz für die Pressefreiheit, auch soll er untersuchen, ob das Ausforschen rechter Gruppen durch die Steuerbehörde kriminell war. Zum Fall AP sagte Holder im Parlament, er wisse gar nichts, weil er die Sache seinem Stellvertreter überlassen habe. Die Republikaner dürfte das anspornen.

© SZ vom 17.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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