US-Einsatz in Afghanistan:Obamas Krieg

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Amerikas Engagement in Afghanistan wird zur schweren Belastung für Präsident Barack Obama. Sein Rückhalt schwindet nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der eigenen Partei.

Reymer Klüver, Washington

Für Barack Obama war der Krieg in Afghanistan immer ein guter Krieg. Irak, das war George W. Bushs Krieg, begonnen aus imperialem Übermut und ideologischer Verblendung. In Afghanistan aber liegt die Sache anders: Der Feldzug ist in den Augen Obamas legitim, weil sich Amerika dort gegen die terroristische Bedrohung durch al-Qaida wehrt. Deshalb hatte der Demokrat, nur ein paar Wochen im Amt, dem Drängen des Militärs nachgegeben und überfällige Truppenverstärkungen genehmigt. Afghanistan, das ist seither Obamas Krieg.

Mit 51 Toten im August war die Zahl der gefallenen US-Soldaten so hoch wie schon lange nicht. (Foto: Foto: AP)

Doch was tun, wenn der gute Krieg schlecht läuft? Die Zahl der gefallenen US-Soldaten war mit 51 Toten im August so hoch wie seit der Invasion vor acht Jahren nicht. Militärische Erfolge aber gibt es nicht. Die Lage verschlechtert sich nach dem Eingeständnis des obersten US-Generals.

Die Wahl als Superflop

Die von übersteigerten Hoffnungen begleitete Präsidentschaftswahl in Kabul erweist sich zudem als Superflop. Anstatt dem afghanischen Präsidenten Legitimität zu verschaffen, offenbart sie, wie korrupt sein Regime ist. Obama hat in Hamid Karsai keinen vorzeigbaren Partner mehr.

In den USA schwindet der Rückhalt für den Krieg von Tag zu Tag. Deutlich mehr als die Hälfte aller Amerikaner hält das Engagement in Afghanistan inzwischen für Unfug. Schlimmer noch für einen demokratischen Präsidenten: Fast drei Viertel aller Demokraten sind mittlerweile gegen den Krieg. Alles erinnert fatal an die desolate Lage im Irak-Krieg vor drei Jahren, ehe Bush die Truppenverstärkungen anordnete.

Tatsächlich steht Obama vor einem ähnlichen Dilemma wie seinerzeit Bush. Zum einen werden die beiden zur Zeit populärsten Generäle der US-Streitkräfte, David Petraeus, der den Umschwung im Irak brachte, und Stanley McCrystal, der neue Kommandeur in Afghanistan, im Herbst noch mehr Truppen für den Hindukusch fordern. Sonst, so werden sie argumentieren, werde Obama den Krieg verlieren. Sie können auf den Irak verweisen, wo mehr Zeit und Soldaten den Abwärtstrend tatsächlich stoppten.

Zum anderen hat Obama aber die Unterstützung der Linken in seiner Partei verloren. Auf die konnte er bisher stets setzen. Sie wollen raus aus Afghanistan. Alle Warnlampen werden im Weißen Haus aufgeleuchtet haben, als Senator Russ Feingold, ein Bannerträger der Linken, in der vergangenen Woche einen Zeitplan für den Abzug ins Spiel brachte. Es ist dieselbe Taktik, mit der die Demokraten seinerzeit Präsident Bush zum Rückzug aus dem Irak zwingen wollten, und Bush hatte jedenfalls noch die Unterstützung seiner eigenen Parteifreunde.

Widerstand in der eigenen Partei

Der Kongressabgeordnete Jim McGovern erklärte nach einem Besuch in Afghanistan, er habe das schreckliche Gefühl, "dass wir in einen endlosen Krieg hineingezogen werden". Das ist nichts anderes als die codierte Warnung vor einem neuen Vietnam-Krieg.

In Diskussionsrunden in den Washingtoner Think Tanks wird Obama nicht mehr wie noch zu Jahresbeginn mit Heldenpräsidenten der Demokraten, wie Franklin Roosevelt und John F. Kennedy, in einem Atemzug genannt, sondern mit Lyndon Johnson verglichen, der alles so gut machen wollte und doch Amerika nur um so tiefer in Vietnam verstrickte. Selbst in Obamas Administration formiert sich Widerstand: Vizepräsident Joe Biden will nicht den Abzug, aber er warnt vor eine Ausweitung des Engagements.

Obama wird sich diesem Druck nicht beugen. Nicht jetzt. Er wird weitere Kampftruppen schicken. Aber im nächsten Jahr muss die Abwärtsspirale in Afghanistan gestoppt werden. Es ist ein Jahr mit Kongresswahlen. Kann der Präsident keine Erfolge vorweisen in Afghanistan, werden am Ende vielleicht nicht ambitionierte innenpolitische Reformen über sein politisches Schicksal entscheiden, sondern ein Krieg im fernen Asien. So wie bei Johnson. Der trat 1968 zur Wiederwahl gar nicht erst an.

© SZ vom 03.09.2009/jhh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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