Es liegen nur ein paar Schritte zwischen dem Büro des Hamburger Senators für Inneres und der Elb-Niederlassung von Scientology. Von daher können sich die Mitarbeiter der Innenbehörde demnächst selbst ein Bild machen, ob und wie die umstrittene Organisation auf die jüngsten Sparbeschlüsse aus ihrem Hause reagiert: Das Ressort von Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), designierter Bürgermeister der Hansestadt, will die dort angesiedelte Arbeitsgruppe Scientology "umstrukturieren", wie die offizielle Lesart lautet.
Weil dadurch 140.000 Euro jährlich eingespart werden sollen, befürchtet die Opposition, bei der Umstrukturierung handele es sich eher um die Auflösung der Einrichtung. Die Empörung bei SPD und Linken ist entsprechend groß.
"Wir werden Widerstand leisten, das kann man nicht einfach durch die kalte Küche machen", sagte Andreas Dressel, Innenexperte der SPD. Und Fraktionssprecher Christoph Holstein ergänzte: "Wir werden genau beobachten, ob Scientology nun eine neue Offensive startet oder Werbung intensiviert." In einer ersten Mitteilung bejubelte der "Psychokonzern" (Dressel) umgehend den Beschluss des schwarz-grünen Senats, durch den eine "Verschwendung von Steuergeld beendet" werde.
Beraterin beim Filmdreh über Scientology
Die Hamburger Aufklärungsstelle ist über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Das liegt zum einen daran, dass es die einzige dieser Art in den Ländern ist und zum anderen an ihrer Leiterin, der Sektenkennerin Ursula Caberta. Die 53-Jährige ist so etwas wie ein ewiger Stachel im Fleisch der intransparenten Glaubensgemeinschaft, sie beriet Aussteiger, schilderte deren Schicksale in der Öffentlichkeit und stritt sich mit der Organisation etliche Male vor Gerichten, mit wechselndem Ausgang.
Zuletzt wurde sie einem breiten Publikum bekannt, weil sie den SWR bei den Dreharbeiten zu einem Fernsehfilm über Scientology beriet. Die Dreharbeiten waren geheim gehalten worden, um das Projekt nicht zu gefährden.
Caberta, die sich zu der Maßnahme des Senats nicht äußerte, soll in der Innenbehörde weiter beschäftigt werden und ihre Aufklärungsarbeit fortsetzen. Auch die anderen Mitarbeiter würden nicht gekündigt, sagte ein Sprecher. Die Beratungstätigkeit der AG, die 17 Jahre existierte, endet aber Ende August und soll vom Verfassungsschutz übernommen werden, die Mietverträge für ihre Räume sind zum Jahresende gekündigt.
Offen ist, was dann mit dem Archiv der AG passiert. Man werde eine Lösung finden, hieß es zwar aus der Behörde, für Andreas Dressel von der SPD wird aber dadurch deutlich, "dass der Wissens- und Erfahrungsschatz gefährdet ist". Vollends absurd findet die Opposition den Beschluss vor dem Hintergrund, dass sich Ahlhaus vor kurzem erst an die Spitze jener Politiker gesetzt hat, die ein bundesweites Verbot von Scientology fordern.