Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mischt sich mit einem Brief an seinen türkischen Amtskollegen Bekir Bozdağ in den Streit um dessen untersagten Auftritt in Deutschland ein. In dem Brief kritisiert Maas die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Sie war der Auslöser für die Entscheidung der Stadt Gaggenau, Bozdağs Auftritt unter Berufung auf Sicherheitsgründe zu untersagen. Über den Brief hatte zuerst Spiegel Online berichtet. Das Bundesjustizministerium bestätigte der SZ, dass der Brief existiert und sein Inhalt in dem Bericht korrekt wiedergegeben ist.
Maas schreibt davon, dass in der Türkei ein "Abbau des Rechtsstaats" stattfinde oder drohe. Die Entscheidung, Yücel in Untersuchungshaft zu nehmen, habe ihn erschüttert. "Den Umgang mit Herrn Yücel halte ich für unverhältnismäßig, zumal er sich der türkischen Justiz für Ermittlungen freiwillig zur Verfügung gestellt hatte", heißt es in dem Schreiben.
Pressefreiheit:Yücel meldet sich aus dem Gefängnis: "Tageslicht! Richtiges Essen! Rauchen!"
In einem handschriftlichen Brief freut sich der Journalist über eine Verbesserung seiner Haftbedingungen in der Türkei. Er dankt allen, die sich für seine Freilassung einsetzen.
Der Bundesjustizminister zeigt sich aber auch enttäuscht darüber, dass trotz der Spannungen wenig Gesprächsbereitschaft auf der türkischen Seite herrsche. Bozdağ hatte als Reaktion auf das Auftrittsverbot auch ein Treffen mit Maas abgesagt. Er sei in "großer Sorge um die deutsch-türkische Freundschaft", schreibt Maas weiter. Deutschland habe ein großes Interesse an einem engen Kontakt mit Ankara.
Der SPD-Minister rief die türkische Regierung auf, den Umgang mit Grundrechten und die Verhaftungen von Journalisten, Richtern und Anwälten zu überdenken: "Wenn sich die Türkei nicht an die europäischen Grundwerte hält, wird eine Annäherung an die Europäische Union immer schwieriger bis unmöglich."
Türkischer Wirtschaftsminister hat weitere Auftritte geplant
Auch ein für Sonntag geplanter Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci in Köln war am Donnerstag von der Stadt abgesagt worden. Der angefragte Saal stehe nicht zur Verfügung, hieß es. Ersatz schien bereits gefunden: Zeybekci wollte stattdessen im nahe gelegenen Frechen sprechen, wie aus dem Kalender des Koordinationszentrums für die Auslandswähler der türkischen Regierungspartei AKP hervorging.
Die Veranstaltung im "Golden Palast" wurde inzwischen ebenfalls abgesagt. Die Polizei Frechen meldet unter Berufung auf den Betreiber des Veranstaltungssaals, dass dieser Zeybekci die Halle nicht zur Verfügung stellen wolle. "Der Vertrag zwischen dem Eigentümer der Eventhalle und deren Betreiber schließt nach der Polizei vorliegenden Informationen ohnehin politische Veranstaltungen aus", heißt es in der Pressemeldung. Darauf hatte der Landrat des Bezirks den Eigentümer nach Kreisangaben aufmerksam gemacht.
Eine Veranstaltung mit dem Politiker in Leverkusen wird nach Angaben der dortigen Stadtverwaltung stattfinden. Zeybekci wird dort am Sonntag bei einer Kulturveranstaltung eines türkischen Vereins zu Ehren eines verstorbenen türkischen Musikers erwartet und soll ein Grußwort sprechen. Die Veranstaltung in einer städtischen Einrichtung war nach Angaben der Stadt schon länger geplant. Er selbst meldete sich auf Twitter: "Niemand sollte betrübt sein. Wir werden unsere Mitbürger in Deutschland treffen."