Bedingungen nicht erfüllt:EU könnte erneut Milliarden für Ungarn einfrieren

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Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, unterwegs zu einem Gespräch auf dem EU-Gipfel in Brüssel. (Foto: Olivier Matthys/dpa)

In den kommenden fünf Jahren könnte Ungarn auf 22 Milliarden Euro verzichten müssen. Die Kommission sieht Probleme bei der Einhaltung der EU-Grundrechtecharta.

Die EU-Kommission könnte wegen rechtsstaatlicher Bedenken weitere Milliarden an Fördermitteln für Ungarn aus dem Gemeinschaftshaushalt zurückhalten. Die Voraussetzungen für die Auszahlung des Geldes seien momentan nicht erfüllt, teilte die Behörde mit. Insgesamt stehen für Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán deshalb nun 22 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren auf dem Spiel.

Erst vergangene Woche hatten die EU-Staaten 6,3 Milliarden Euro an Mitteln für das Land eingefroren, da die ungarische Regierung nicht ausreichend gegen Korruption vorgehe. Die Mittel stammen aus dem sogenannten Kohäsionsfonds zur Förderung strukturschwacher Gebiete. Er umfasst 22 Milliarden. Nun kommt die EU zu dem Schluss, dass nicht nur die 6,3 Milliarden, sondern die gesamte Summe derzeit nicht ausgezahlt werden kann.

Das nun angewandte Verfahren ist unabhängig vom Rechtsstaatsmechanismus. Zur Auszahlung des Gelds muss sichergestellt sein, dass die geförderten Programme der EU-Grundrechtecharta entsprechen. Hier sieht die Behörde allerdings erhebliche Probleme in Ungarn, etwa durch "Risiken für die akademische Freiheit und das Recht auf Asyl". Auch gebe es nicht ausreichend Zugang von Kindern zu Informationen über nicht-heterosexuelle Lebensformen. Ungarn genüge hier den gemeinsam vereinbarten Ansprüchen nicht.

Derzeit könne deshalb nur Geld für technische Hilfe sowie für die Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen ausgezahlt werden. Alle Zahlungen, die darüber hinaus gehen, könnte die EU-Kommission zurückhalten.

Der EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit sicherte allerdings zu, man wolle weiterhin eng mit dem Land zusammenarbeiten. Die Kommission wolle sicherzustellen, "dass die Menschen in Ungarn in den Genuss dieser wichtigen Hilfe durch die EU kommen, bei gleichzeitiger Achtung der EU-Grundrechtecharta", so der luxemburgische Sozialdemokrat. Der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund lobte die Entscheidung der Kommission am Freitag als einen "Paukenschlag". Alle EU-Gelder für Ungarn müssten eingefroren werden, fordert er.

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