Bald 100 Jahre sind seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vergangen. Wie die ferne Zeit auch noch heute nachwirkt, ist an der Kriegsschuldkontroverse zu sehen, die mancherorts teilweise skurrile Züge trägt. So gibt es in Großbritannien eine Debatte, die bis in die Regierung reicht ( hier mehr dazu), auch in Serbien erregen sich die Gemüter ( hier mehr dazu). Salopp formuliert lautet der Tenor in beiden Ländern: Wir waren es nicht, die Anderen haben angefangen.
In Deutschland ist das einer Forsa-Umfrage zufolge etwas anders. Die Mehrheit der Bundesbürger sagt: Jede der damals kämpfenden Nationen trägt Schuld an der Eskalation am Ausbruch des Ersten Weltkriegs. 58 Prozent sehen die Verantwortung bei allen in den Krieg verwickelten Staaten.
Besonders kritisch ist immerhin fast jeder Fünfte mit der Politik der damaligen deutschen Führung. 19 Prozent schreiben dem flatterhaften Kaiser Wilhelm II. ( hier mehr zu dem Monarchen) und seiner Regierung die Hauptschuld daran zu, dass sich im Sommer 1914 eine europäische Großmacht nach der nächsten sich gegen den Frieden entschied. Nur neun Prozent nannten andere in den Krieg verwickelte Nationen, als das damalige Deutsche Reich.
Die bizarrsten Zitate von Kaiser Wilhelm II.:"Blut muss fließen, viel Blut"
Martialisch, selbstherrlich und unfreiwillig witzig: Zitate von und über Wilhelm II., den letzten deutschen Kaiser.
Dass ein solches Gemetzel, in dem etwa 15 Millionen Menschen ihr Leben verloren haben, noch heute in Europa möglich wäre, glauben nur acht Prozent. Allerdings macht sich mehr als jeder dritte Befrage (39 Prozent) etwas Sorgen. Die Mehrheit - 53 Prozent - hat keine Angst.
Verblüffend groß ist der Wissensdurst der Deutschen über den Ersten Weltkrieg. 69 Prozent gaben an, sich für das Thema zu interessieren. Unter den Jüngeren ist der Wert sogar noch größer. Bei den 14- bis 29-Jährigen wollten 77 Prozent mehr über den Waffengang erfahren, der von 1914 bis 1918 das alte Europa zerstört hat. Von einer jungen Generation, der Geschichte egal ist, kann also keine Rede sein.
Für die Erhebung befragte das Forsa-Institut für den Stern am 8. und 9. Januar 1004 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger.
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