Wer SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kennt, weiß, dass die Entscheidung nur für Ulla Schmidt ausgehen konnte. Die Dienstwagenaffäre der Gesundheitsministerin - in den Augen Steinmeiers war sie nie eine. Darum gehört Schmidt ohne Einschränkungen in sein Wahlkampfteam. Und er hat recht damit.
Aber es sind Wahlkampfzeiten. Da werden auch Fehler bestraft, die gar keine sind. Ministerin Schmidt hat sich kaum etwas vorzuwerfen. Wenn sie die Öffentlichkeit nicht belogen hat - wovon nicht auszugehen ist -, dann hat sie jeden privat gefahrenen Dienstwagenkilometer ordnungsgemäß abgerechnet.
Sie hat als Bundesministerin überdies einen berechtigten Anspruch auf den Dienstwagen. Auch wenn ihre Kabinettskollegen auf dieses Privileg weitgehend verzichten. Wenn Schmidt etwas vorzuwerfen ist, dann, dass sie auf die medial erzeugten Neidreflexe nicht gerade diplomatisch reagierte.
Steinmeier hat mit seiner Entscheidung, Schmidt nun doch in sein Wahlkampfteam zu beordern - wie es so schön heißt - die Kirche im Dorf gelassen.
Der Fall Schmidt ist ohnehin nicht geeignet, irgendetwas zu erklären. Nicht die angebliche Gier von Politikern, nicht die oft beschriebene Selbstbedienungsmentalität. Nicht mal politische Dummheit ist ihr vorzuwerfen. Sie hat sich an die Regeln gehalten. Wenn daraus in diesem Land ein Skandal wird, dann stimmt höchstens etwas mit dem Land nicht.
Steinmeier muss deshalb hoch angerechnet werden, dass er Schmidt nicht einfach abserviert hat. Sein alter Kumpel Gerhard Schröder wäre da sicher weniger zimperlich gewesen.
Der SPD-Kanzlerkandidat geht damit aber auch ein Risiko ein. Die Menschen differenzieren nicht, ob Schmidt korrekt gehandelt hat. Sie sehen nur den Skandal, den ihr interessierte Medien souffliert von interessierten Politikern vorsetzen.
Neue Wähler wird Steinmeier mit diesem Schritt nicht ansprechen. Aber wenigstens bleibt er anständig in einem Wahlkampf, den er nach Lage der Dinge auch mit Skrupellosigkeit wohl nicht mehr gewinnen kann.