Melnyk:Immerhin hat man mal gesprochen

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Stillschweigen vereinbart: Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat mit der SPD-Spitze gesprochen - worüber, wurde nicht gesagt. (Foto: Lisi Niesner/REUTERS)

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk streitet sich regelmäßig mit SPD-Politikern. Nun traf man sich zu einem klärenden Gespräch. Doch aus der Partei kommt schon die nächste Vorlage für neuen Ärger.

Von Roland Preuß

Aus SPD-Sicht kann man dies schon als Erfolg werten: Nach dem Treffen ist es zumindest vorerst ruhig geblieben. Keine weiteren Spitzen des ukrainischen Botschafters gegen die SPD auf Twitter, kein anschließender Fernsehauftritt, in dem er der Bundesregierung und den Sozialdemokraten neue Vorwürfe machte. Etwa eine Stunde lang hatte sich Andrij Melnyk am Mittwoch mit der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken getroffen. Es sei ein "angenehmes und zugewandtes" Gespräch gewesen, hieß es danach von Teilnehmern, es sei Vertraulichkeit vereinbart worden.

Andrij Melnyk fordert beharrlich, dass Deutschland die Einfuhr von russischem Öl und Gas sofort stoppt und schwere Waffen an die Ukraine liefert. Vor dem Treffen mit Esken kündigte er im ZDF an, es sei Ziel des Gespräches, die SPD und damit auch die Bundesregierung davon zu überzeugen, dass die Ukraine schwere Waffen "gleich benötigt". Die Bundesregierung dagegen lehnt ein sofortiges Öl- und Gasembargo ab und beteuert, es gebe keine schweren Waffen, die aus Beständen der Bundeswehr geliefert werden könnten.

Die öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung zwischen Melnyk einerseits und SPD und Bundesregierung andererseits ist umso unangenehmer für die Sozialdemokraten, als der Botschafter diese als größte Bremser bei den Waffenlieferungen ausgemacht hat - und aus den Reihen von Grünen und FDP ähnliche Forderungen Richtung Olaf Scholz erhoben werden. Der Kanzler hatte am Dienstagabend gesagt, er habe der Ukraine zugesagt, direkte Rüstungslieferungen der deutschen Industrie zu finanzieren. Darunter seien Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrgeräte, Munition "und auch das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann".

Anton Hofreiter (Grüne) verlangte so wie Melnyk eine schnelle Lieferung von Panzern an die Ukraine. "Rheinmetall sagt selbst, dass bei ihnen eine ganze Reihe von Marder-Panzern steht, die man in sehr kurzer Zeit liefern könnte", sagt er im ZDF. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßte auf Twitter zwar grundsätzlich die Ankündigung von Scholz. Dies sei aber "noch zu wenig Konkretes".

Auch das Verteidigungsministerium widerspricht dem Botschafter

Zuletzt hatte Melnyk der Bundesregierung vorgeworfen, auf der Liste der Bundesregierung befänden sich "keine schweren Waffen". Das Argument, man könne keine Panzer aus den Beständen der Bundeswehr liefern, sei nicht nachvollziehbar. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums konterte dies am Mittwoch unter anderem mit dem Hinweis, der ukrainische Botschafter habe die Information aus der "Marketing-Abteilung" von Rüstungsunternehmen. Tatsächlich hatte Melnyk im ZDF gesagt, die Angaben, dass Deutschland Panzer an die Ukraine liefern könnte, habe er "auch von der Rüstungsindustrie".

Der Streit schwelt weiter. Der frühere Außenminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel fügte ihm am Mittwoch eine weitere Komponente hinzu. Er besuchte Altkanzler Gerhard Schröder in Hannover, beide werden von Melnyk wegen ihrer Haltung zu Russland hart kritisiert. Die Bild-Zeitung zitierte Gabriel mit den Worten, man habe sich über Schröders Gespräche in Istanbul und Moskau zu den Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ausgetauscht. Schröder hatte die Gespräche im März geführt.

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