Geflüchtete aus der Ukraine:Mehr als drei Viertel fühlen sich willkommen

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Wie geht es Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland? Eine Studie mit fast 11 000 Befragten gibt darüber Auskunft. (Foto: Thorsten Gutschalk/Imago)

Eine Studie zeigt: Die Ukrainerinnen und Ukrainer, die in den ersten Kriegsmonaten nach Deutschland kamen, sind hochgebildet, wohnen meist privat - und suchen auch hier ein Stückchen Heimat.

Von Oliver Klasen

Wie können Geflüchtete, die in den kommenden Wochen und Monaten aus der Ukraine kommen, untergebracht werden und wer kommt für die Kosten auf? Darüber hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Vertretern von Bund und Ländern am Mittwoch beraten. Eine großanlegte Umfrage unter fast 11 000 ukrainischen Geflüchteten, die vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) und anderen Forschungseinrichtungen vorgenommen wurde, liefert Erkenntnisse darüber, wie jene Menschen wohnen, die in der ersten Phase des Krieges nach Deutschland kamen, also zwischen dem 24. Februar und dem 8. Juni 2022.

Überwiegend private Unterbringung: Fast drei Viertel, 74 Prozent, in dieser Gruppe lebten zum Zeitpunkt der Befragung, die von August bis Oktober andauerte, in Privatwohnungen. Etwa 17 Prozent waren in Hotels oder Pensionen untergebracht, nur neun Prozent in Gemeinschaftsunterkünften. In der Gruppe derjenigen, die in Privatwohnungen untergebracht war, lebten 60 Prozent dort alleine oder mit ihren ebenfalls geflüchteten Familienangehörigen. 40 Prozent teilten sich die Wohnung mit Verwandten, Freunden, Bekannten oder anderen Personen. Etwa 68 Prozent der befragten Geflüchteten sind Frauen. 77 Prozent dieser Frauen leben ohne ihren Partner in Deutschland. In der Studie zeigten sich "Netzwerkeffekte" wie Andreas Ette, der Forschungsgruppenleiter beim BIB sagte. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer seien in jene Städte gegangen, in denen bereits Freunde oder Verwandte lebten.

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Überdurchschnittlich viele Hochqualifizierte: Zum Zeitpunkt der Befragung waren 17 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland erwerbstätig. Weitere 78 Prozent gaben an, eine Arbeit aufnehmen zu wollen. In der Gruppe der Ukrainerinnen und Ukraine ohne Arbeit sind fast drei Viertel arbeitslos gemeldet und können daher von den Jobcentern vermittelt und gefördert werden. Der Anteil derjenigen Geflüchteten, die einer Arbeit nachgehen, steigt mit dem Bildungsniveau. 72 Prozent der Geflüchteten verfügen über akademische Bildungsabschlüsse, verglichen mit 50 Prozent in der Gesamtbevölkerung der Ukraine.

Nur wenig Deutschkenntnisse: 83 Prozent der befragten Ukrainerinnen und Ukrainer schätzten ihre Deutschkenntnisse als gering ein, 14 Prozent bewerteten diese als mittelmäßig, nur vier Prozent gaben an, Deutsch gut zu beherrschen. Hier spielt die Tatsache eine Rolle, dass viele Geflüchtete zum Befragungszeitpunkt erst relativ kurze Zeit in Deutschland waren. Unter jüngeren und erwerbstätigen Geflüchteten liegt der Anteil derjenigen mit guten Deutschkenntnissen deutlich höher. Zum Befragungszeitpunkt besuchten 51 Prozent der Geflüchteten einen Deutschkurs oder haben ihn bereits abgeschlossen.

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Mehr als drei Viertel fühlen sich willkommen: Die deutliche Mehrheit der ukrainischen Geflüchteten fühlt sich in Deutschland gut aufgenommen. 33 Prozent sagen, sie fühlten sich voll und ganz willkommen, 43 Prozent sagten, sie fühlten sich überwiegend willkommen. Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das an der Studie beteiligt war, sagte, es sei wichtig, Integrations- und Unterstützungsmaßnahmen auf einen langfristigen Aufenthalt auszurichten. Die Integration ukrainischer Frauen werde ohne geeignete Kinderbetreuung erschwert. Viele litten unter der Trennung von engen Angehörigen und benötigten psychosoziale Betreuung. Soziale Beziehungen und Netzwerke seien sehr wichtig für das Ankommen in Deutschland.

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