Reaktionen:Ägypten und Türkei nähern sich nach Erdoğans Wahlsieg an

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Seit Abdel Fattah al-Sisi 2013 in Ägypten an die Macht kam, waren die Beziehungen seines Landes zur Türkei angespannt. (Foto: SAUDI ROYAL COURT/via REUTERS)

Lange waren die Beziehungen angespannt, nun wollen die Regierungen wieder Botschafter entsenden. US-Präsident Biden verknüpft Ankaras Wunsch nach "F-16"-Kampfjets mit Schwedens Nato-Beitritt.

Nach Jahren der diplomatischen Eiszeit und unmittelbar nach dem Wahlsieg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan wollen Ägypten und die Türkei ihre Beziehungen verbessern. Beide Staaten planen, wieder Botschafter in das jeweils andere Land zu entsenden, teilte die ägyptische Präsidentschaft mit. Das habe Machthaber Abdel Fattah al-Sisi zusammen mit Erdoğan beschlossen, als er diesem zu seinem Wahlsieg gratulierte.

Die Beziehungen zwischen Kairo und Ankara waren jahrelang angespannt. Der politische Streit eskalierte 2013, nachdem die türkische Regierung die Absetzung des damaligen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch die ägyptische Armee wiederholt als illegitimen "Militärputsch" bezeichnet hatte. Botschafter beider Länder wurden 2013 abgezogen. Beide Staaten unterstützen auch im Libyen-Krieg unterschiedliche Seiten. Außerdem stritten sie über vermutete Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer.

Politisch näherten sich die beiden Länder zuletzt aber wieder an. Ägyptens Außenminister Samih Schukri besuchte die Türkei nach den verheerenden Erdbeben im Februar. Sein türkischer Kollege Mevlüt Çavuşoğlu kam im März zu Besuch nach Kairo. Çavuşoğlu sagte damals, auch ein Treffen Erdoğans mit Al-Sisi sei in Planung.

Biden mahnt Nato-Aufnahme Schwedens an

Nach der Wiederwahl des türkischen Präsidenten gratulierten Erdoğan auch westliche Staats- und Regierungschefs. US-Präsident Joe Biden verknüpfte dabei nach eigenen Angaben Ankaras Wunsch nach amerikanischen F-16-Kampfjets mit Schwedens Nato-Beitrittswunsch.

Bislang blockiert die Türkei die Aufnahme des skandinavischen Landes in das Verteidigungsbündnis und verweist auf in Schweden lebende Oppositionelle, die die Regierung in Ankara als Terroristen bezeichnet. Die Türkei bemüht sich ihrerseits darum, für 20 Milliarden Dollar F-16-Jets aus US-Produktion zu erwerben. In Washington sagte Biden: "Er [Erdoğan] will noch immer etwas über die F-16-Jets aushandeln. Ich habe ihm gesagt, dass wir uns mit Schweden befassen wollen, also lassen Sie uns das erledigen."

Scholz lädt Erdoğan nach Berlin ein

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit in einem Telefonat mit Erdoğan die enge Verbundenheit Deutschlands und der Türkei, nicht zuletzt im Nato-Militärbündnis. "Beide waren sich einig, die Zusammenarbeit zwischen beiden Regierungen mit frischem Elan anzugehen und sich früh zu gemeinsamen Schwerpunkten abzustimmen." Hebestreit zufolge wollen beide Seiten unter anderem gemeinsam an einer guten Entwicklung im östlichen Mittelmeer, bei den in der Nato anstehenden Entscheidungen sowie am Verhältnis der Türkei zur Europäischen Union arbeiten. Zu diesem Zweck habe der Bundeskanzler Erdoğan zu einem Antrittsbesuch nach Berlin eingeladen.

Selenskij: Sicherheit stärken

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sagte bei seiner Gratulation, die Ukraine und die Türkei müssten daran arbeiten, die Sicherheit in der Region, in Europa und in der Welt zu stärken. Die Türkei pflegt trotz der russischen Invasion in die Ukraine enge Beziehungen zu Moskau und trägt die Sanktionen des Westens gegen die Rohstoffgroßmacht nicht mit.

Selenskij dankte Erdoğan, dass er sich in diesem Monat persönlich dafür eingesetzt habe, das Abkommen mit Russland zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer um zwei Monate zu verlängern. Die Türkei habe damit einen Beitrag für die Lebensmittelsicherheit in der Welt geleistet, sagte Selenskij. Auch der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte Erdoğan in einem Telefonat zum Sieg und sprach sich nach Kremlangaben für einen Ausbau der Zusammenarbeit beider Länder aus.

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