Putsch-Prozess in der Türkei:Mehr als 30 Ex-Militärs müssen lebenslang in Haft

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Soldaten stehen in Ankara Wache vor dem Gerichtsgebäude, in dem das Urteil gegen 497 Angeklagte gefallen ist. (Foto: dpa)

250 Verhandlungstage, 497 Angeklagte: Im Prozess um den Putschversuch in der Türkei sind die Urteile gefallen. Der Klägeranwalt spricht von einer "Lektion".

Knapp fünf Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei hat ein türkisches Gericht ein Urteil im Prozess gegen rund 500 Angeklagte gefällt. 38 hochrangige Militärs erhielten lebenslange Haftstrafen - unter anderem wegen Verstoßes gegen die verfassungsrechtliche Ordnung. 106 weitere wurden wegen Terrormitgliedschaft zu Haftstrafen von bis zu 16 Jahren verurteilt. In dem Mammutverfahren mit knapp 250 Verhandlungstagen waren insgesamt 497 Menschen angeklagt.

"Diese Prozesse sollen ihnen eine Lektion sein", sagte Klägeranwalt Alaatin Varol. "Die Täter haben die höchsten Strafen bekommen, die unsere Gesetze vorsehen. Wenn es die Todesstrafe gegeben hätte, dann hätten sie auch die bekommen."

Am Abend des 15. Juli 2016 hatten Teile des Militärs gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan geputscht. In Istanbul und der Hauptstadt Ankara kam es zu Gefechten zwischen Putschisten und staatstreuen Sicherheitskräften. Die Putschisten setzten Panzer und Kampfjets ein und feuerten unter anderem auf Zivilisten, die sich ihnen entgegenstellten und damit einem Aufruf Erdoğans folgten. Mehr als 250 Menschen wurden getötet, 2000 verletzt. Der Aufstand wurde schließlich niedergeschlagen.

Die nun Verurteilten drangen unter anderem in den Staatssender TRT in Ankara ein und zwangen die Moderatorin, eine Erklärung zum geplanten Umsturz zu verlesen. Unter den lebenslänglich Verurteilten waren auch der Ex-Offizier, der die Besetzung angeordnet haben soll, sowie der Ex-Leutnant, der die Verlesung befohlen haben soll. Zwei von ihnen sollen außerdem ein Attentat auf Erdoğan geplant haben. Ein weiterer ehemaliger Regimentskommandeur wurde zu über 61 Jahren verurteilt. Für 231 Angeklagte, meist einfache Soldaten, verhängte das Gericht keine Strafen, 121 wurden freigesprochen.

Die türkische Führung macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger für den Putschversuch verantwortlich. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation. Seit dem Umsturzversuch wurden in der Türkei Zehntausende Menschen verhaftet und mehr als 100 000 Staatsbedienstete entlassen. Allein rund 21 000 Mitarbeiter der Streitkräfte wurden nach offiziellen Angaben des Dienstes enthoben.

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