Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hat erstmals sein Bedauern über die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich bekundet. Erdoğan sprach den Nachfahren der Opfer am Mittwoch - fast 100 Jahre nach den Taten - sein Beileid aus.
In einer Erklärung wandte er sich am Mittwoch an "die Enkel der 1915 getöteten Armenier". Die Ereignisse von 1915 seien unmenschlich gewesen, erklärte der Regierungschef überraschend. Er schlug damit deutlich versöhnlichere Töne an als seine Vorgänger. Allerdings bezeichnete er die Taten nicht als Völkermord. Ob die Äußerungen die Beziehungen zwischen der Türkei und seinem kleineren Nachbarn verbessern können, ist unklar.
Bereits Mitte Dezember hatte der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu bei einem Besuch in der armenischen Hauptstadt Jerewan die Deportationen als "Fehler" und "unmenschlich" bezeichnet. Er sprach sich für eine Versöhnung beider Länder auf der Grundlage einer "gerechten Erinnerung" aus.
Ein Versöhnungsabkommen liegt seit 2009 auf Eis
Im Jahr 2009 hatten Ankara und Jerewan ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet, doch scheiterte die Annäherung binnen sechs Monaten, wobei beide Seiten einander vorwarfen, neue Forderungen zu stellen. Weitere Bemühungen zur Normalisierung der Beziehungen lagen seitdem auf Eis.
Was genau 1915 geschah und wie viele Opfer es gab, ist bis heute umstritten. Während Armenien ebenso wie viele andere Länder die Deportationen und Massaker an der armenischen Minderheit in den Jahren 1915 bis 1917 als gezielten Völkermord der damals regierenden Jungtürkenbewegung betrachtet, lehnt die Türkei den Begriff des Genozids für die Ereignisse ab. Das Land räumte lediglich ein, dass im Ersten Weltkrieg viele Armenier bei Zusammenstößen ums Leben kamen. In Armenien wird der 24. April offiziell als Völkermord-Gedenktag begangen.