Landeshauptmann Günther Platter:Der konservative Tiroler, der sich mit Bayern anlegt

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Besuch in München 2016: Der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CDU) empfängt den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in der Staatskanzlei. (Foto: dpa)

Der Landeshauptmann blamierte sich einmal bei Fußball-Star David Alaba - ansonsten regiert er schon lange und ruhig mit den Grünen in Innsbruck. Nun liegt Platter wegen des Verkehrs im Streit mit Bayern.

Von Peter Münch

Durch die Bergwelt hallt ein lautes Echo, seit sich die Bayern und ihre Tiroler Nachbarn im Verkehrsstreit verhakt haben. Auf deutscher Seite werden die in Österreich verhängten Fahrverbote als "diskriminierend" und "Schikane" geschmäht, mit Klage wird gedroht.

Doch auf der anderen Seite steht einer, der keinen Zollbreit zurückweicht: Günther Platter, der Regierungschef, sprich: Landeshauptmann von Tirol. Über die Grenze schickt er den Satz: "Nur weil unsere Nachbarn bei der Pkw-Maut eine empfindliche Niederlage einstecken mussten, sollen sie jetzt nicht die Beleidigten spielen."

Deeskalierend wirkt das nicht, dabei taugt der ÖVP-Politiker sonst eher nicht zum Volkstribun. Zu viel Charisma jedenfalls hat ihm noch keiner vorgeworfen. Platter punktet vielmehr mit Bodenständigkeit, und er weiß, was seine Wähler wollen: ein Ende der Verkehrslawinen, die sich in Tirol seit Langem schon durch schöne Täler und stille Dörfer wälzen.

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Für Platter also sind die gesperrten Landstraßen an den Ferienwochenenden und die Blockabfertigung von Lastwagen an der Grenze nichts anderes als Selbstverteidigung und praktizierter Heimatschutz.

Geboren wurde er vor 65 Jahren in der 3400-Einwohner-Gemeinde Zams im Tiroler Oberland. Dort wohnt er auch heute noch, verheiratet seit mehr als 40 Jahren, mit zwei längst erwachsenen Söhnen. Nach einer Buchdruckerlehre und einem Umstieg zur Gendarmerie hat er in Zams auch seine politische Karriere begonnen - mehr durch "Zufall", wie er gern betont.

Der Bürgermeister habe ihn einfach auf eine Liste genommen. So kam er 1986 in den Gemeinderat, drei Jahre später war er selbst schon Bürgermeister von Zams.

Dort in den Tiroler Bergen liegt der Mittelpunkt seines Universums, seine Freizeit verbringt er am liebsten mit Wandern oder Skifahren. Politisch ist er oft gependelt zwischen Wien und Innsbruck. In die Bundeshauptstadt ging er 1994 als Hinterbänkler im Nationalrat, im Land wurde er 2000 Minister für Kultur und Sport.

Als sein Parteifreund und Bergkamerad Wolfgang Schüssel Kanzler war, holte er Platter 2003 ins Kabinett als Verteidigungsminister. Später wechselte er ins Innenressort, doch am Ziel angekommen ist er erst 2008: Da kehrte er nach Tirol zurück und wurde zum Landeshauptmann gekürt.

"Türkis im Bund, Schwarz im Land"

Nach elf Jahren im Amt ist er inzwischen der dienstälteste unter den aktiven Landeshauptleuten in Österreich. Dabei hat er anfangs schwer ins Amt gefunden, er galt als blass und hölzern.

Unvergessen ist seine Begegnung 2012 in einem Tiroler Trainingscamp der österreichischen Nationalmannschaft mit dem damals noch sehr jungen schwarzen Fußballer David Alaba, den er auf Englisch mit dem Satz begrüßte: "How do you do?" Alabas Antwort: "Danke, gut. Sie können ruhig deutsch mit mir reden, ich bin Österreicher."

Platter hat sich mit mangelnder Fußball-Expertise für den Fauxpas entschuldigt und sich auf sein politisches Kerngeschäft konzentriert. Mut zur Überraschung hat er bewiesen, als er 2013 die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene in Österreich schmiedete.

Nach der Wiederwahl 2018 hat er das reibungslos funktionierende Bündnis erneuert, das nun sogar als mögliches Modell gehandelt wird für die Bundespolitik nach der Parlamentswahl im September.

Doch in die Wiener Dinge mischt er sich eher selten ein, und umgekehrt ist ihm wichtig, dass die Wiener ihn in Ruhe lassen in Tirol. Als Sebastian Kurz die ÖVP 2017 von Schwarz in Türkis umfärbte, verweigerte sich Platter und zog in Tirol mit dem Slogan in die Wahl: "Türkis im Bund, Schwarz im Land."

Von Amtsmüdigkeit zeigt er auch im Pensionsalter keine Spur, und im Verkehrsstreit läuft er gerade wieder zu Hochform auf. Den CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer, der ihn zu Gesprächen nach Berlin eingeladen hat, hat er nun vorab schon einmal wissen lassen, "dass in Tirol bei der Verkehrsfrage der Hut brennt".

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© SZ vom 12.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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