Thüringen:"Volle Freude" bei der AfD

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Der Bund müsse den Ländern und Kommunen helfen, die finanziellen Lasten zu tragen, die sich aus dem Flüchtlingszuzug ergeben, sagt Bodo Ramelow (Die Linke). (Foto: Martin Schutt/dpa)

Ausgerechnet die Rechtspartei votiert in einer wichtigen Abstimmung im Erfurter Landtag mit Rot-Rot-Grün. Es geht um die Personalpolitik der Landesregierung, samt Vorwurf der Vetternwirtschaft.

Von Iris Mayer, Leipzig

Noch am Donnerstag sah Thüringens Ministerpräsident klare Prinzipien für Demokraten: "Wenn man den Parlamentarismus schützen will, dann darf man sich niemals in die Hand dieser politischen Kraft begeben", sagte Bodo Ramelow (Linke) angesichts der Möglichkeit, dass in Berlin die AfD dem CDU-Kandidaten Kai Wegner im dritten Wahlgang ins Amt des Regierenden Bürgermeisters verholfen haben könnte. Ramelow richtete seine Worte an CDU und SPD in Berlin, hätte sie aber möglicherweise lieber an die eigene Regierungskoalition in Thüringen adressiert.

Denn dort stimmte am Freitag ausgerechnet die AfD im Landtag gemeinsam mit Rot-Rot-Grün. Es ging um den Auftrag für einen Untersuchungsausschuss zur Personalpolitik der Landesregierung. Diese steht seit Wochen in der Kritik, weil sie nach Überzeugung des Rechnungshofes bei der Einstellung von Staatssekretären die Kriterien der Bestenauslese ignoriert hat. Die Landesregierung soll demnach systematisch und schwerwiegend gegen Regeln zur Einstellung von Beamten verstoßen haben; wegen des Anfangsverdachts der Untreue ermittelt zudem die Staatsanwaltschaft Erfurt.

CDU und FDP hatten deshalb einen Untersuchungsausschuss zum Thema beantragt, den sie auf einer Sondersitzung im Mai beschließen wollten. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Buhl, sagte zur Begründung, es gehe um den "mutmaßlich größten Untreueskandal in der Geschichte des Freistaates". Die Regierungsfraktionen hatten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses prinzipiell begrüßt, waren aber der Meinung, dass sich dieser auch mit der Einstellungspraxis der CDU-geführten Vorgängerregierungen befassen sollte.

Die Regierungsfraktionen überrumpeln die Opposition

Die SPD-Abgeordnete Diana Lehmann warf der CDU-Fraktion vor, ein Spektakel zu veranstalten. Die CDU-Fraktion ziehe eine Show ab und versuche, das Thema mit einer Scheibchentaktik möglichst lange in der Öffentlichkeit zu halten. Rot-Rot-Grün wolle bei dem Thema keine Verzögerungen mehr. Man habe keine Zweifel, dass die Landesregierung ordentlich gearbeitet habe.

Am Freitag setzten die Regierungsfraktionen das Thema auf die Tagesordnung des Landtags und überrumpelten CDU und FDP mit einem Änderungsantrag, der den Untersuchungsauftrag ausweitet. Für dessen Annahme war eine Parlamentsmehrheit notwendig, über die Linke, SPD und Grüne zusammen nicht verfügen. Und CDU und FDP stimmten gegen eine Ausweitung des Untersuchungsauftrages.

Steht die Brandmauer noch? Immerhin wird nächstes Jahr gewählt

Die AfD-Fraktion hatte am Freitag bereits vor der Abstimmung signalisiert, dass sie sowohl die Einsetzung des Untersuchungsausschusses befürwortet, als auch den Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün. Die Vetternwirtschaft sei nicht von Rot-Rot-Grün erfunden, sondern nur fortgesetzt worden, sagte der AfD-Abgeordnete Stefan Möller. "Wir stehen da mit voller Freude zur Aufklärung bereit."

Obwohl die CDU in einem Unvereinbarkeitsbeschluss jede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hatte, wurde im Februar 2020 der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen der CDU und der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt. Er trat kurze Zeit später zurück, das politische Beben veranlasste auch die damalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zum Rücktritt. Seither beobachten SPD, Grüne und Linkspartei sehr aufmerksam, wie stabil die Brandmauer der CDU zur AfD in Thüringen steht. Dort wird nächstes Jahr ein neuer Landtag gewählt.

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