Terror in Paris:Krisenmanagerin von Paris

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Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo spricht in der Nähe der Konzerthalle Bataclan mit der Presse. (Foto: AFP)

Trösten, loben, koordinieren: Wie Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, auf die Anschläge reagiert.

Von Michael Kläsgen

"Fluctuat nec mergitur", ist der Wappenspruch von Paris. "Sie schwankt, geht aber nicht unter." Selten in der jüngeren Geschichte der französischen Hauptstadt hat sich die lateinische Sentenz so bewahrheitet wie in der noch kurzen Amtszeit von Anne Hidalgo. Im April 2014 wurde sie zur Bürgermeisterin gewählt. Gut acht Monate später ereignete sich das Attentat auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo, am vergangenen Freitag dann im Herzen der Stadt der schwerste Terroranschlag in der französischen Geschichte.

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Als sie ihr Amt antrat, wiegte sich Hidalgo, 56, noch in trügerischen Illusionen. "Bürgermeister von Paris zu sein", schwärmte die Sozialistin vor ihrer Kandidatur, "ist das schönste aller politischen Ämter, die Frankreich zu vergeben hat." Hidalgo wusste, wovon sie sprach. 13 Jahre lang war sie Stellvertreterin von Bürgermeister Bertrand Delanoë gewesen. Doch jetzt regiert sie ein Gebiet im Ausnahmezustand. Eine Weltstadt, die am Wochenende wirkte wie eine Geisterstadt. Es war die Bürgermeisterin, die mitentschieden hatte, dass an diesem Wochenende Museen, Konzertsäle und Kinos geschlossen bleiben sollten; sie untersagte alle öffentlichen Versammlungen; auf keinem Wochenmarkt konnten die Pariser wie sonst Fisch, Obst oder Gemüse kaufen. Auch Geburtstagsfeiern, Trauungen und sonstige Festivitäten sollten sie absagen.

Hidalgo selber eilte von einem Ort der Stadt zum anderen. Sie fuhr zu den Unglücksstellen und besuchte in Krankenhäusern schwer verletzte Anschlagsopfer, meist junge Menschen, die um ihr Leben ringen. Sie tröstete Angehörige und lobte freiwillige Helfer. Sie versammelte die Bürgermeister der 20 Arrondissements, die Polizei und Feuerwehr um sich, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Paris schwankt, aber darf nicht untergehen. Hidalgo formulierte den historischen Wahlspruch der Stadt in ihren eigenen Worten. "Paris hält stand", prophezeite sie, "die Pariser werden stärker sein als jene, die sie zum Schweigen bringen wollen."

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Neben dem Schrecken und der Trauer macht sich bei den Menschen in Paris noch ein anderes Gefühl breit: Trotz.

Jeder dürfe Wut, Schmerz und Trauer äußern. "Aber es geht auch darum, der Welt zu zeigen, dass wir unseren Lebensstil nicht aufgeben, dass wir zusammenleben können und wollen, indem wir das Anderssein akzeptieren." Hidalgo, eine leise, zurückhaltend auftretende Frau, wirkte in der Zeit der größten Not gefasst, keineswegs überfordert. Sie gilt nicht als große Rednerin, traf aber den richtigen Ton. Ihre Stärke liegt weniger im fulminanten Auftritt auf der Bühne, als vielmehr im Bündeln der Kräfte im kleineren Kreis. Für das jetzt erforderliche Krisenmanagement sind das wichtige Voraussetzungen.

Eines ihrer wichtigsten Statements in diesen Tagen ist ohnehin ihre Person selber. Hidalgo ist eine Einwanderin aus Spanien. Sie stammt aus einem armen Elternhaus und hat es als erste Frau in ein Amt geschafft, das irgendwann wieder ganz gewiss eines der schönsten in Frankreich sein wird.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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