Tausende protestieren in Tunesien:"Ben Ali, verschwinde!"

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Die Zugeständnisse ihres Präsidenten reichen ihnen nicht: Wieder haben sich Tausende Menschen im Zentrum von Tunis versammelt - und drängen Ben Ali zum sofortigen Rücktritt. Ein Reiseveranstalter holt nun deutsche Tunesien-Urlauber zurück.

Tunesiens Präsident Zine el-Abidine Ben Ali gerät immer stärker in Bedrängnis: Im Zentrum der Landeshauptstadt Tunis haben sich Tausende Demonstranten versammelt und fordern Medienberichten zufolge den Rücktritt des tunesischen Präsidenten. Es könne in Tunesien keine Demokratie geben, solange Ben Ali an der Macht sei, meinen sie.

Proteste vor dem tunesischen Innenminsisterium: Tausende fordern den Rücktritt von Präsident Ben Ali. (Foto: dpa)

Die Demonstranten rufen "Ben Ali, verschwinde!". Oder "Danke, Ben Ali, aber es reicht!". Sie tragen Transparente mit der Aufschrift "Wir werden nicht vergessen" - in Erinnerung an die zahlreichen Toten der vergangenen Tage. Nach einem Bericht der BBC haben die Sicherheitskräfte die 6000 bis 7000 Menschen umstellt, sind aber bislang nicht gegen die Demonstranten vorgegangen. Die Proteste verliefen friedlich. Als ein aufgebrachter Demonstrant einen Stein auf das Gebäude des Innenministeriums warf, wurde er von der Menge ausgebuht.

Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen sind allein am Donnerstagabend mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Menschenrechtler beziffern die Zahl der Todesopfer bei den Ausschreitungen auf 66.

Die Demonstranten protestieren seit rund einem Monat gegen hohe Arbeitslosigkeit und die Politik des autokratischen Präsidenten. Am Freitag legten die Mitglieder der einzigen legalen Gewerkschaft rund um Tunis in einem symbolischen Streik die Arbeit für zwei Stunden nieder.

Am Vortag noch hatte sich Ben Ali angesichts der schwersten Unruhen seit seiner Machtübernahme vor 23 Jahren zu Zugeständnissen bereit erklärt: So wolle er nicht wieder für das Präsidentenamt kandidieren, wenn auch erst nach Ablauf seiner Amtszeit 2014. Er kündigte zudem Preissenkungen für Grundnahrungsmittel an und versprach eine Öffnung des politischen Systems, wozu auch eine Lockerung der Internetzensur gehört.

"Ich habe euch verstanden", sagte Ben Ali in einer Fernsehansprache. "Ich werde es nicht dulden, dass ein weiterer Tropfen Blut vergossen wird." Er habe angeordnet, dass Sicherheitskräfte ihre Waffen nur noch dann einsetzen dürften, wenn sie bedroht würden.

Reiseveranstalter Thomas Cook holt Tunesien-Urlauber zurück

Nach seiner Rede waren mehrere zuvor gesperrte Websites wieder erreichbar, darunter das Videoportal Youtube. Trotz der Ausgangssperre versammelten sich nach Ben Alis Ansprache Menschenmengen auf einer Hauptstraße von Tunis und Autofahrer veranstalteten ein Hupkonzert. Zunächst war unklar, ob es sich um eine von der Regierung organisierte Demonstration handelte.

Unterdessen melden Agenturen, dass der Reiseveranstalter Thomas Cook wegen der Unruhen in Tunesien seine Gäste zurückholt. Das Unternehmen habe wegen des verschärften Sicherheitshinweises des Auswärtigen Amts entschieden, seine etwa 2000 Gäste aus Tunesien mit Sondermaschinen nach Deutschland zurückzufliegen, teilte Cook mit.

Zudem sagt Cook alle Tunesienreisen bis einschließlich kommenden Montag ab. Zwar seien die Urlauber bislang nicht direkt von den Unruhen betroffen, die Sicherheitslage in dem Land sei jedoch sehr angespannt, sagte Cook-Deutschland-Chef Peter Fankhauser.

Der größere Konkurrent TUI Deutschland hat sich vorerst entschieden, seine etwa 1000 deutsche Gäste in Tunesien zu lassen. Bislang gebe es keine vorzeitigen Abreisewünsche, teilte TUI Deutschland mit. Sollten Urlauber dennoch vorzeitig das Land verlassen wollen, werde TUI eine Rückreise organisieren. Bei beiden Unternehmen können Kunden bis einschließlich 24. Januar ihre Reisen kostenlos umbuchen. Das Urlaubsland Tunesien galt bisher als eines der stabileren Länder Nordafrikas.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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