Nach dem TV-Duell:FDP oder Grüne - darum geht es jetzt

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Hervostechende Farben: Wahlplakate Der Grünen und der FDP vor einem Wohnhaus in Berlin. (Foto: picture alliance / Britta Peders)

Nach dem TV-Duell scheint die Schlacht der Großen geschlagen. Die Schlacht der Kleinen wird über Deutschlands Zukunft entscheiden. Noch nie war der dritte Platz so wichtig wie diesmal.

Kommentar von Stefan Braun, Berlin

Es sind fast 100 Minuten gewesen, und diese 100 Minuten haben wenig geändert. Ein bisschen mehr Angela Merkel, ein bisschen mehr Martin Schulz - das Duell vom Sonntagabend wird das Kräfteverhältnis zwischen Union und SPD nicht auf den Kopf stellen.

Mag sein, dass der Kandidat manchen überrascht hat, weil er besser und angriffslustiger war als vermutet. Mag auch sein, dass die Kanzlerin erstaunt hat, weil sie kompetenter und sympathischer rüberkam als in allen Duellen vorher. Größere Erschütterungen wird das kaum auslösen. Das unwahrscheinliche Erdbeben ist ausgeblieben.

Ja, Schulz hat gekämpft und immer wieder versucht, Unterschiede herauszuarbeiten; und Merkel hat viel genickt und viel gelächelt und dabei ganz selten den Eindruck erweckt, ihr könnte dieses Duell aus den Händen gleiten. Schulz machte in diesen gut anderthalb Stunden keine Purzelbäume, keine Kopfstände und keine Salti. Und deshalb hat es zwischen ihm und ihr auch keine wirklich großen Unterschiede geben.

In fast allen verhandelten Themen - ob Migration, Türkei, Rente oder Abschiebungen - konnte sich Schulz noch so sehr um "klare Kante" bemühen, Merkel ist ihm nie von der Seite gewichen. Er konnte machen, was er wollte, es gab keine echte Chance, durch Differenzen Punkte zu sammeln.

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Von SZ-Autoren

Der Gipfel dieser duellierenden Kooperation kam in Minute 75: Es war der faktische Handschlag zwischen beiden, sich in den kommenden Tagen auf eine Rechtsgrundlage für Sammelklagen zu einigen. Für Schulz ist dieses Duell okay gelaufen. Merkel freilich kann damit viel besser leben. Nur für die Zuschauer ist es ein verlorener Abend gewesen.

Einen Vorteil hat er gleichwohl gebracht: er hat den Fokus auf die Frage gelenkt, auf was es jetzt ankommt. Wie wohl schon lange nicht mehr wird dieser Wahlkampf um die Frage kreisen, wer Nummer drei wird. Wer also nach der Wahl als größte Partei der kleinen in Gespräche mit der Union geht.

Das ist keine Katastrophe, sondern reizvoll. Mit einem Mal muss sich jeder vor allem fragen, ob er lieber die FDP oder die Grünen in der Regierung sehen möchte. Der Kampf um Platz drei wird über die Politik der nächsten vier Jahre entscheiden. Bisher ging es viel und oft um Union und Sozialdemokraten; dieses Mal geht es vor allem um die Grünen und die Freien Demokraten.

Das heißt nicht, dass Linkspartei und AfD bei diesem Wettstreit aus dem Rennen wären. Aber sie kommen nach diesem Abend für Merkel wie für Schulz als Koalitionspartner nicht mehr wirklich in Frage. Wer Schulz bei der Außenpolitik, bei Migration und innerer Sicherheit zugehört hat, kann sich nicht vorstellen, dass er mit den Linken tatsächlich eine Regierung bilden würde. Und so werden die Verhältnisse jetzt den Liberalen und den Grünen in die Hände spielen. Jedenfalls bei denen, die ihre Stimme nicht bewusst einer Opposition schenken möchten.

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Für den Wahlkampf heißt das nichts Schlechtes. Auch wenn es selbst zwischen Grünen und Liberalen manche neue Brücke geben mag - zurzeit leben beide davon, die Unterschiede hervorzuheben. Und die sind noch immer beträchtlich. Ja, für die nähere Zukunft Deutschlands sind sie ganz erheblich.

Ein Blick auf die noch jungen Koalitionsverträge von Jamaika in Schleswig-Holstein und Schwarz-gelb in Nordrhein-Westfalen zeigt, wie groß die Differenzen sein können. Im Norden geht es um Ökologie und Bürgerrechte; im Westen geht es wieder um geringere Umweltauflagen, niedrigere Steuern und einen insgesamt schärferen Wettbewerb für die Menschen.

Und so bringt ein langweiliger Abend doch noch eine spannende Erkenntnis: Wer Einfluss nehmen will auf die künftige Richtung Deutschlands, sollte seinen Blick von den großen auf die kleinen Parteien lenken. Es ist eben keine Kleinigkeit, ob Christian Lindner oder die Grünen einen Koalitionsvertrag aushandeln. Die drei Wochen bis zum 24. September haben einen neuen Reiz erhalten.

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