Syrien:Assad lässt weiter schießen

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Syrien ignoriert die Frist für den Truppenabzug: Statt den ersten Schritt hin zu einem Waffenstillstand zu gehen, nehmen Assads Truppen gleich mehrere Städte unter Beschuss. Allein in Homs sollen 27 Menschen gestorben sein.

Sonja Zekri

Wenige Stunden vor Ablauf einer Frist für eine vollständige Waffenruhe in Syrien hat die Regierung in Damaskus nach Angaben der Opposition erneut Städte bombardieren lassen. Damit sinken die Chancen auf ein Gelingen des Friedensplans von Kofi Annan, dem Vermittler der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga. Annan sagte, es sei zu früh, die Waffenruhe für gescheitert zu erklären.

Syrische Oppositionelle mit der Revolutionsflagge während einer Demonstration in Damaskus. Das Foto wurde an diesem Dienstag von lokalen Koordinierungs-Komitees zugänglich gemacht. (Foto: AP)

Zwar hatte Syriens Außenminister Walid Muallem bei einem Besuch in Moskau gesagt, die Regierung habe begonnen, Soldaten aus einigen Städten abzuziehen. Er forderte dann aber erneut von Annan Garantien, dass auch die Kämpfer auf der Seite der Opposition die Waffen niederlegten. Außerdem wolle Damaskus bei der internationalen Beobachterkommission mitreden, die den Waffenstillstand überwachen soll. Russlands Außenminister Sergej Lawrow rief die internationale Staatengemeinschaft auf, die bewaffneten Assad-Gegner zu drängen, die Waffenruhe einzuhalten.

Die syrische Opposition berichtete, syrische Städte seien erneut beschossen worden. In Homs seien 27 Menschen gestorben; dort wie auch in Hama und in Vororten von Damaskus stünden noch immer Panzer in den Straßen. In Daraa, der Wiege des Protestes im Süden an der jordanischen Grenze, sei es zu Gefechten zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Aufständischen gekommen. In Kafarsita bei Hama habe es Durchsuchungen und Festnahmen gegeben. In der Provinz Aleppo seien Städte bombardiert worden. In der Nähe der türkischen Grenze töteten regierungsfeindliche Kämpfer sechs Soldaten an Kontrollpunkten.

Nachdem syrische Truppen Menschen jenseits der türkischen Grenze beschossen hatten, verschärfte die Regierung in Ankara ihren Ton gegenüber dem Regime von Präsident Baschar al-Assad. Bei dem Zwischenfall am Montag hatten Soldaten bei der Verfolgung syrischer Flüchtlinge über die Grenze gefeuert und auch Türken verletzt. Premier Tayyip Erdogan sprach in Peking von einer Verletzung der türkischen Grenze und kündigte Maßnahmen an, mit denen andere Staaten "in der Vergangenheit auf solche Verletzungen reagiert haben". Die Türkei wolle keinen Militäreinsatz in Syrien, doch das Verhalten der Regierung in Damaskus könne sie dazu zwingen. Als Gründe für einen Militäreinsatz gelten eine große Flüchtlingswelle oder die offensive Unterstützung Syriens für die kurdische Arbeiterpartei PKK.

"Keine Eskalation militärischer Aktivitäten"

Die syrische Opposition fordert seit Monaten, dass eine militärisch gesicherte Schutzzone an der türkischen Grenze eingerichtet wird. Sie verspricht sich davon, dass Soldaten massenhaft desertieren und die syrische Armee schließlich zusammenbricht. Schon jetzt befindet sich das Oberkommando der oppositionellen "Freien Syrischen Armee" in Flüchtlingslagern in der Türkei, auch wenn es mit den Kämpfern in Syrien nur lose verknüpft ist. Syriens Außenminister Muallem warf Ankara vor, es gebe den Aufständischen Waffen, helfe beim Aufbau von Lagern und unterstütze sie dabei, "illegal auf syrisches Gebiet" zu gelangen.

Annan besuchte am Dienstag das Flüchtlingslager Yayladagi in der Türkei, in dem 2700 Syrer leben. Vor Journalisten sagte er, es sei noch zu früh, seinen Friedensplan und die darin enthaltene Waffenruhe für gescheitert zu erklären. Er gestand aber ein: "Es gibt eine Eskalation in Syrien hinsichtlich militärischer Aktivitäten." Für das Ende der Gewalt dürfe es keine Vorbedingungen geben. Annans Plan sieht vor, dass Assad seine Truppen aus den Städten abzieht und von Donnerstagmorgen an eine absolute Waffenruhe herrscht.

© SZ vom 11.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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