Gerhard Ludwig Müller und Papst Franziskus sind nicht dafür bekannt, die besten Freunde im Vatikan zu sein. Eher im Gegenteil. Der deutsche Kardinal musste nach Franziskus' Amtsantritt das mächtige Amt des Präfekten der Glaubenskongregation (2012-2017) abgeben. Der wortgewaltige Konservative fand aber auch weiter Themen, um aufzufallen: Zuletzt trat er mit seltsamen Thesen zur Corona-Politik in Erscheinung. Aber in einem ist Müller sich dann doch einig mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. "Zugeständnisse an den Zeitgeist", die findet er schlimm. Gemeint ist damit in dem Fall der Synodale Weg, der Reformprozess der Kirche in Deutschland.
Der Vatikan hatte erst kürzlich in harschem Ton - ohne Absender und Datum - klargestellt, dass der Synodale Weg der deutschen Katholiken "nicht befugt" sei, die Leitungsstrukturen der Kirche oder gar die Lehre zu verändern. Als Grund für die Mahnung wurden eine mögliche "Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und Bedrohung der Einheit der Kirche" genannt. Der Synodale Weg strebt konkrete Reformen in den Bereichen Sexualmoral, Umgang mit Macht, Stellung der Frau und Pflichtzölibat (Ehelosigkeit) der Priester an. In die gleiche Kerbe haut nun Müller, ehemals Bischof von Regensburg, im Gespräch mit der dpa in Rom. Die deutschen Katholiken gäben sich hier einer Illusion hin, sagte er. Und: Die Reform habe keinerlei Chance auf Umsetzung. "Der Grund dafür ist nicht, dass wir hier in Rom diktatorisch auf unseren Überzeugungen beharren oder Macht ausüben wollen. Der Grund ist, dass die Kirche von Jesus Christus eingesetzt und entworfen worden ist. Wir haben keine Vollmacht, diese Ordnung zu verändern."
Die Laien hätten ja das Recht, mitzuwirken - in Pfarrgemeinderäten und Diözesanräten
Müller betonte, er sei nicht dafür, den Synodalen Weg komplett aufzugeben. Die Laien hätten ein Recht, mitzuwirken, und dies geschehe ja auch auf vielfältige Weise etwa in Pfarrgemeinderäten und Diözesanräten. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sollten aber aufhören, den Eindruck zu erwecken, dass sie durch ihren nationalen Prozess die katholische Weltkirche in wesentlichen Punkten nach ihrem Gutdünken umkrempeln könnten.
Ob sich der Papst über derlei Unterstützung freut, ist nicht bekannt. Die Reaktion in Deutschland war auch so empört genug. Immerhin hat Franziskus nun erzählt, dass das Schreiben vom vatikanischen Staatssekretariat verfasst worden sei; dass das nicht im Brief stand, sei ein Versehen und keine böse Absicht gewesen.