Streit um Krisenmanagement:Merkel drängt Obama zur Börsensteuer

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Merkel stänkert zurück: Nachdem US-Präsident Obama das europäische Krisenmanagement kritisiert hatte, knöpft sich die Kanzlerin Obamas Veto gegen die Einführung einer weltweiten Börsensteuer vor. Es könne nicht sein, dass sich die Staaten, die Euro-Länder immer wieder zum umfassenden Handeln auffordern, gleichzeitig der Einführung der Steuer "umfassend verweigern".

US-Präsident Barack Obama hatte deutliche Worte gefunden. Die Schuldenprobleme von Griechenland und anderen Euro-Staaten stellten eine "starke Belastung" für das weltweite Finanzsystem dar. Die Europäer müssten nun "schnell handeln", mahnte Obama vergangene Woche.

Merkel nutzte ihren Besuch beim Gewerkschaftstag der IG Metall zu einem Schlag gegen die amerikanische Finanzpolitik. (Foto: dpa)

An diesem Freitag kam die Antwort aus Deutschland. Kanzlerin Angela Merkel forderte die USA und Großbritannien auf, die Einführung einer weltweiten Börsensteuer zu unterstützen. Es könne nicht sein, dass sich diejenigen, die die Euro-Länder "immer wieder von außen zum umfassenden Handeln auffordern, gleichzeitig gemeinsam der Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer umfassend verweigern", sagte Merkel auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall in Karlsruhe. "Ich halte das für nicht in Ordnung."

Merkel beharrte darauf, dass die Finanzmarktakteure an den Krisenkosten beteiligt werden müssen. Sie will sich beim G20-Gipfel im November für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte stark machen. "Sonst beherrschen die Märkte uns - und das wird nicht gut gehen."

Die besonders von Deutschland und Frankreich forcierte Finanztransaktionssteuer lehnen aber sowohl Washington als auch London ab, weil sie Schaden für ihren Finanzsektor befürchten.

Merkel verteidigte zugleich ihr Handeln in der Schuldenkrise. "Es gibt nicht den einen Paukenschlag, mit dem alles vorbei ist", sagte die Kanzlerin. Sie merke, dass vor dem EU-Gipfel am 23. Oktober bereits wieder solche Sehnsüchte entstünden. "Beinahe schon euphorisch" würden manche von einem Schuldenschnitt für Griechenland reden. Sie rate da aber zu "großer Umsicht". Wenn überhaupt, dürfe ein Schuldenschnitt nur gewagt werden, wenn er nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet wäre. Als "letzte Patrone" wäre er verantwortungslos, sagte Merkel.

Die Lösung der Schuldenkrise sei ein "langer anstrengender Prozess, ein Prozess von noch vielen Schritten und Maßnahmen, die jeweils so ausgesucht werden müssen, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr Vorteile als Nachteile bringen", sagte Merkel weiter. Auch Eurobonds seien ihrer Meinung nach kein Wundermittel. Sie sei der tiefen Überzeugung, dass Eurobonds unter den jetzigen Bedingungen nicht weiter helfen.

"Entrüstung ist ... keine Kategorie"

Die Bundesregierung reagierte derweil zurückhaltend auf die Kritik der Banken am Euro-Krisenmanagement der Politik. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, wo ein Rekapitalisierungsbedarf bestehe, müsse die Regierung die notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Banken ergreifen. Dazu hätten sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Merkel am vergangenen Wochenende geäußert. Deren konkrete Vorschläge dazu müssten abgewartet werden.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung entrüstet über die Kritik sei, sagte Seibert: "Entrüstung ist ... keine Kategorie."

Deutschlands Banker sehen die geplanten Kapitalspritzen für europäische Geldhäuser äußerst skeptisch. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte die Politik am Vortag gemahnt, die verbreitete Unsicherheit nicht durch "unbedachte und vielstimmige Äußerungen" zu vergrößern. Das größte deutsche Geldhaus wolle in der Euro-Schuldenkrise erneut ohne Staatshilfe auskommen. Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis lehnte eine Rekapitalisierung von Banken mit Hilfe des Staates als "Unsinn" ab.

© AFP/Reuters/dpa/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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