Zwei Menschen lieben sich, kommen zusammen, wollen heiraten. Vielleicht eines Tages Kinder großziehen, vielleicht hat einer schon Kinder. Sie suchen den Schutz des Staates. Wollen abgesichert sein. Verständlich. Es ist Aufgabe des Staates, solche Verantwortungsgemeinschaften zu fördern und zu unterstützen. Das steht ja auch so im Grundgesetz. Gilt nur nicht für jeden.
Allein Eheleute genießen alle steuerlichen Privilegien, eingetragene Lebenspartner nicht. Und das, obwohl sie nicht weniger füreinander einstehen. Das ist erkennbar ungerecht. Im kommenden Jahr wird das Bundesverfassungsgericht diese Ungleichbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit endgültig beenden, wenn es auch das Ehegattensplitting für die Homo-Ehe öffnet.
Nur: Warum auf ein Gerichtsurteil warten, dessen Inhalt sich jeder ausmalen kann, der die Rechtsprechung zur eingetragenen Lebenspartnerschaft in den vergangenen Jahren verfolgt hat? Im Bundestag gäbe es längst eine parlamentarische Mehrheit, das Ehegattensplitting auf die Homo-Ehe auszuweiten. Nur die Union will das nicht, sie fürchtet um konservative Stammwähler.
Der bekennende schwule CDU-Abgeordnete Jens Spahn will es dabei nicht bewenden lassen. Er schreibt gerade an einem Antrag für den CDU-Bundesparteitag, der kommende Woche in Hannover beginnt. Er will damit seine Partei zwingen, eine klare Haltung einzunehmen. Bisher lautet diese nur: Abwarten. Abwarten, was das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Und dann mal sehen.
Das ist in höchstem Maße unpolitisch. Allein durch die vielen Urteile ergibt sich für die Politik Handlungsbedarf. Gleichgestellt wurde die Homo-Ehe durch Gerichtsentscheide bereits bei der Hinterbliebenenrente für Beamte im öffentlichen Dienst, der Erbschaft- und Schenkungsteuer, beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag und bei der Grunderwerbsteuer.
Die Gleichstellung im Ehegattensplitting ist nur die logische Folge. Davor einfach die Augen zu verschließen und im Zweifel darauf zu hoffen, dass nach der Bundestagswahl andere sich damit herumplagen müssen, ist eine nicht akzeptable Verweigerungshaltung. Die CDU erkennt mal wieder nicht, dass sich die Erde weiterdreht.
Zumal sich die CDU damit jeden Gestaltungsspielraum nimmt. Längst ist klar, dass das Splitting-Modell ein Anachronismus aus alten Zeiten ist, als die Familie noch zu annähernd 100 Prozent aus aushäusig arbeitendem Vater, zu Hause bleibender Mutter und einer beliebigen Anzahl von Kindern bestand.
Merkel bewegt sich keinen Millimeter
Heute kommen Jahr um Jahr mehr Kinder in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften zur Welt. Oder wachsen in Patchwork-Familien auf. Manche haben auch gleichgeschlechtliche Eltern. Das Ehegattensplitting verfehlt damit sein eigentliches Ziel immer mehr, nämlich Familien zu fördern.
Ein neues Modell des Familiensplittings - also die steuerliche Förderung von Kindern statt von Ehepartnern - würde der CDU helfen, ihren durch das Betreuungsgeld ramponierten Ruf wiederherzustellen.
Dazu fällt allerdings nur einigen Fachpolitikerinnen etwas ein. Entscheidend ist Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel. Die bewegt sich jedoch keinen Millimeter, solange es nicht einen erkennbaren und mehrheitsfähigen Aufstand in der Partei gibt. Sie will die Konservativen in der Partei nicht noch mehr ärgern. Dabei sagen die gerne über sich: Konservativ bedeute nicht Stillstand. Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage können sie gerne ab kommenden Montag unter Beweis stellen.