Steuerstreit:Friedenszeichen aus der FDP

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Die Kompromissbereitschaft der FDP im Steuerstreit steigt - und Kanzlerin Merkel nimmt ihren Koalitionspartner gegen Angriffe aus den eigenen Reihen in Schutz.

Im Streit über die von der schwarz-gelben Koalition geplanten Steuersenkungen schlägt die FDP jetzt moderatere Töne an. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart zeigte sich bereit, die Entlastungen in einzelnen Stufen und über mehrere Jahre hinweg vorzunehmen. "Die volle Entlastungswirkung muss bis 2013 erreicht werden", sagte Pinkwart am Mittwoch in Düsseldorf. Nichts anderes habe die FDP stets gefordert. Im Übrigen sehe auch der Koalitionsvertrag einen solchen Zeitplan vor.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart (r), und FDP-Generalsekretär Christian Lindner senden Friedenszeichen aus. (Foto: Foto: dpa)

FDP-Generalsekretär Christian Lindner betonte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, den Liberalen gehe es darum, die Steuerzahler möglichst schon 2011 zu entlasten. Es sei CSU-Chef Horst Seehofer gewesen, der auf dem frühen Datum beharrt habe.

Damit zeigten sich erstmals liberale Spitzenpolitiker zum Einlenken bereit. Bisher hatte die FDP-Spitze geschlossen auf einer 2011 wirksamen Steuerreform bestanden.

Angesichts der gigantischen Neuverschuldung in Bund und Ländern halten es viele Finanzexperten und Wissenschaftler für falsch, die Steuern zu senken. Sie empfehlen stattdessen, zunächst die Finanzlage der öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist skeptisch, ob der Koalitionsvertrag an dieser Stelle erfüllt werden kann. Der Minister will in seiner Haushaltspolitik für die kommenden Jahre dem Schuldenabbau Vorrang vor jeglichen weiteren Steuersenkungen einräumen. "Alle Einsparpotentiale sind grundsätzlich prioritär zur Einhaltung der Schuldenregel einzusetzen", heißt es in einem Schreiben Schäubles über seine Finanzpläne.

Ähnlich wie Pinkwart sprach sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) für eine schrittweise Entlastung aus. In einem Interview des Magazins Stern sagte er, "vielleicht müssen wir die Steuersenkungen auf der Zeitschiene strecken". CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wollte keine Garantie abgeben, dass die Steuern im Jahr 2011 um etwa 20 Milliarden Euro gesenkt werden. "Da wollen wir hin, das ist unser Ziel. Allerdings muss es die Kassenlage zulassen", sagte Gröhe der Bild-Zeitung. Nach Informationen des Blattes setzt die CDU-Spitze auf die FDP in den Landesregierungen, um die Liberalen im Bund von ihren Maximalforderungen abzubringen.

Dem widersprachen hochrangige Liberale. Im schwarz-gelb regierten Sachsen wollen die Liberalen von ihren Forderungen nach umfassenden Steuersenkungen "keinen Fußbreit abrücken", sagte der Chef der Landespartei, Holger Zastrow, im Gespräch mit der SZ. Statt Druck auf die Länder auszuüben, solle sich der Bund lieber "ein Beispiel an Sachsen nehmen". Dort habe die Regierung die Staatsausgaben gesenkt, um die Voraussetzungen für ein Steuerentlastungspaket zu schaffen. "Für mich hat die steuerliche Entlastung der berufstätigen Mitte der Gesellschaft eindeutig Vorrang vor der Haushaltssanierung", sagte Zastrow. Natürlich müsse aber zugleich daran gearbeitet werden, die Staatsausgaben zu begrenzen. Wichtig sei außerdem, "dass die Reform auf einen Schlag kommt und nicht etwa scheibchenweise", betonte Zastrow. Denn die Bürger müssten die Steuersenkungen in der eigenen Tasche spüren, nur so könnten die gewünschten Effekte erzielt werden.

Zastrow bezeichnete Schäubles Zurückhaltung in der Steuerfrage als "sehr irritierend". Offenbar fehle in Teilen der Bundesregierung "der Respekt vor dem Vertragswerk der Koalitionsvereinbarungen". Die Reform dürfe nicht bloß Steuersenkungen enthalten. "Wir brauchen einen Systemwechsel, eine umfassende Strukturreform hin zu Stufentarifen", sagte Zastrow.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Koalitionsvertrag festhalten und die Steuern trotz teils heftiger Kritik aus der eigenen Partei weiter senken. Merkel spricht sich auch weiterhin für die Einführung eines Stufentarifs aus. "Ich stelle die Steuerstrukturreform nicht infrage. Sie ist nach dem Koalitionsvertrag möglichst bis 2011 umzusetzen", sagte Merkel dem Handelsblatt. Auf ein Volumen der künftigen Steuererleichterungen wollte sich Merkel allerdings nicht festlegen. "Wir werden im Lichte der Steuerschätzung über die konkrete Ausgestaltung der Steuerreform entscheiden", sagte die Kanzlerin. Dies sei von Anfang an so geplant gewesen. Merkel nahm auch ihren Koalitionspartner FDP gegen Angriffe aus den Reihen der Union in Schutz.

© SZ vom 14.01.2010/cko/graa/gwb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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