Spreng über Merkel-Wahlkampf:Spreng kritisiert Merkels Wahlkampf

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Angela Merkel möchte einen Wahlkampf mit klarer Kante vermeiden - eine riskante Taktik, meint Michael Spreng. Der Grund liegt für Stoibers früheren Kampagnenmanager auf der Hand: Die Kanzlerin wolle keine "schlafenden SPD-Wähler wecken".

Oliver Das Gupta und Miguel A. Zamorano

Michael Spreng hat schon viele Wahlkämpfe begleitet: Bis 2000 als Chefredakteur der Bild am Sonntag, 2002 gar durfte er sogar eine Wahlkampagne managen: Unionskandidat Edmund Stoiber von der CSU setzte auf den gebürtigen Darmstädter - und verlor knapp. Damals ging es im Wahlkampf deftig zu, ganz anders als jetzt. Zumindest die Kanzlerin meidet die lauten, scharfen Töne - eine Taktik, die Spreng kritisch sieht.

Setzt auf einen geräuscharmen Wahlkampf: CDU-Chefin Merkel (Foto: Foto: AP)

"Merkel kam mit Samtpfoten an die Macht und möchte mit Samtpfoten an der Macht bleiben", sagt Spreng im Gespräch mit sueddeutsche.de. Für Spreng ist die Methode, die die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende ihrer Partei verordnet hat, "risikobehaftet".

Was Merkels Absicht dabei sei, liegt für Spreng auf der Hand: Das Ziel sei, die "schlafenden SPD-Wähler" nicht zu "wecken". Getöse gegen eine rot-rote "Volksfront", eine Kampagne wie sie die Union 1994 erfolgreich gefahren hat ("Auf in die Zukunft, aber nicht auf roten Socken") will sie nicht mehr wagen.

Merkel setzt auf weiche Worte statt auf klare Kante.

Die Folge: "Die CDU hat schon lange nicht mehr einen so inhaltsleeren Wahlkampf geführt", sagt Spreng. Wichtige Fragen im Wahlkampf würden ausgeklammert und viele Themen in Zusammenhang mit der Krise für die Zeit nach den Wahlen verlegt.

Zuspruch von Meyer und Polenz

Kann diese Taktik funktionieren? "Nur wenn die CDU-Stammwähler nicht schlafen", sagt Spreng. Merkel werde die Politik der ruhigen Hand bis zum Wahlkampf durchhalten.

Zuspruch bekommt die Kanzlerin von ihren früheren CDU-Generalsekretären Laurenz Meyer und Ruprecht Polenz.

Meyer nennt im Gespräch mit sueddeutsche.de den Wahlkampfstil von Merkel richtig. "Vor dem Hintergrund der momentanen wirtschaftlichen Lage kann der Wahlkampf nicht dazu dienen, Polemik zu schüren". Bei solch einer wirtschaftlichen Lage dürfe man sich ein "Durcheinander" nicht leisten, so Meyer, der abermals in den Bundestag einziehen will.

Auch Ex-Generalsekretär Ruprecht Polenz unterstützt den Kurs der Bundeskanzlerin. Polenz stellte der Kritik am weichen Wahlkampf der Kanzlerin ihre Beliebtheit in der Bevölkerung entgegen: "Vor welchem Problem stehen wir? Die Popularitätswerte der Bundeskanzlerin sind hoch, und wenn die CDU da anschließen will, dann muss sie den Weg der Kanzlerin folgen und nicht umgekehrt." Ähnliches gelte auch für den christsozialen Wirtschaftsminister Karl-Theodor von Guttenberg, sagt der Bundestagsabgeordnete zu sueddeutsche.de.

Merkel will auch mit hauchdünner Mehrheit regieren

Merkel wies heute erneut Kritik an ihrem Wahlkampfstil zurück. Inhaltlich grenze sie die Union ganz klar gegen die SPD ab. Und "dass man nicht unentwegt schlechte Laune verbreitet", sei ebenfalls kein Nachteil. "Ich verstehe gar nicht, worüber wir uns immer streiten", sagte Merkel im Bayerischen Rundfunk.

So zieht sie inzwischen eine negative Bilanz der großen Koalition und lehnt eine Neuauflage nach der Wahl am 27. September ab. "Sie hat nicht das Optimale gemacht und schon gar nicht jetzt in der Krise", sagte die CDU-Chefin weiter dem Radiosender. "Für die Zukunft, sage ich, könnten wir mehr für Deutschland erreichen, wenn wir mehr auf Wachstum setzen, auf Zukunft setzen, auf Forschung, auf Entwicklung", fügte sie an. "Deshalb bin ich der Meinung, wir brauchen eine Koalition mit der FDP."

Die SPD sei in Bewegung und erwäge eine Koalition mit der Linken auch im Bund für die Zeit ab 2013. "Wer sagt uns, dass das nicht vorher schon der Fall ist?" Fragte Merkel. "Das heißt, die SPD wird immer hin und her gerissen sein." Sie werbe für eine stabile Koalition aus Union und FDP. Zweifel der Liberalen an ihrem Bekenntnis zu Schwarz-Gelb wies sie zurück. "Wenn wir auch nur eine Stimme Mehrheit haben, werden wir eine Koalition eingehen", sagte die CDU-Chefin.

Mit den Ergebnissen der CDU bei den Landtagswahlen in Thüringen und im Saarland zeigte sie sich unzufrieden. "Erfreulich ist das natürlich nicht." Es seien zwar keine Testwahlen für den Bund gewesen. Doch sei klar, dass die Bundestagswahl knapp ausgehen werde. "Es geht um jede Stimme am 27. September", sagte sie. Den Kampf um die Stimmen werde sie mit Argumenten aufnehmen.

Merkel: Steinmeier ist führungsschwach

Ihrem SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier warf sie Führungsschwäche vor. Der Leipziger Volkszeitung sagte Merkel: "Ich kann nicht beurteilen, wer in der SPD wirklich das Sagen hat. Herr Steinmeier hält sich ja auch hinreichend bedeckt - dabei muss er nach diesem Sonntag mehr Rücksicht denn je auf den linken Flügel um Herrn Wowereit und Frau Nahles nehmen." Das sei für Deutschland, insbesondere in Zeiten der Krise, nicht gut.

Steinmeier möge das so sehen, dass die SPD auf Bundesebene vorerst mit der Linken nicht gemeinsame Sache mache, bei der jüngsten Wahl des Bundespräsidenten habe die SPD anders gehandelt, betonte Merkel. Sie fügte hinzu: "Ich persönlich glaube nicht, dass die SPD dauerhaft Ja zu rot-roten Koalitionen auf Landesebene und nein auf Bundesebene sagen kann." Der Wahlsonntag habe doch noch einmal gezeigt, dass Rot-Grün auf Bundesebene keine Mehrheit habe.

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