Sportpolitik:Bach als neunter IOC-Präsident auf dem Gipfel der Macht

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Buenos Aires (dpa) - "Uff!!!" Die Erleichterung war förmlich spürbar, als Thomas Bach nach seiner Wahl zum neunten Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees vor die Mikrofone trat.

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Buenos Aires (dpa) - „Uff!!!“ Die Erleichterung war förmlich spürbar, als Thomas Bach nach seiner Wahl zum neunten Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees vor die Mikrofone trat.

Dann bedankte sich der 59-jährige Jurist, der im zweiten Wahlgang mit 49 von 93 abgegebenen Stimmen zum Nachfolger des aus dem Amt scheidenden Belgiers Jacques Rogge gewählt wurde, gleich in sieben Sprachen bei den IOC-Mitgliedern. „Ich will aus tiefem Herzen meinen Freunden danken. Das ist ein überwältigendes Zeichen des Vertrauens. Ich weiß um die große Verantwortung eines IOC-Präsidenten. Ich werde mein allerbestes tun“, sagte der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim, der als erster Deutscher auf dem Gipfel der Macht angekommen ist.

Die Gratulationen aus der Heimat folgten postwendend. „Glück, Geschick und Sportsgeist“ wünschte Bundespräsident Joachim Gauck dem neuen IOC-Präsidenten. „Ihre Wahl in dieses sportpolitisch bedeutendste Amt zeigt eindrucksvoll, welches Ansehen und Vertrauen Sie innerhalb der olympischen Familie genießen“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Mitteilung. 22 Jahre nach seiner Aufnahme ins IOC als ambitionierter Advokat hat Bach den Olymp erklommen. Willi Daume war 1980 bei seiner Bewerbung gescheitert. Der neue IOC-Präsident wurde für acht Jahre gewählt mit einer Option auf weitere vier Jahre. In einer ersten Stellungnahme rief er den Mitgliedern zu: Ihr müsst wissen, meine Tür, meine Ohren und mein Herz sind immer offen.

Bach räumte ein, dass die einstündige Wartezeit vom entscheidenden zweiten Wahlgang bis zur Verkündung des neuen IOC-Präsidenten „schon etwas nervenaufreibend“ gewesen sei. „Ich habe natürlich gehofft, auch geglaubt, aber man wartet dann doch lieber die endgültige Sicherheit ab, das hat eine Stunde gedauert“, sagte er in einem Interview dem TV-Sender „Sky Sport HD News“.

„Der neue Präsident wird die beste Zeit seines Lebens haben“, hatte Rogge bereits vor der Eröffnung der 125. IOC-Vollversammlung prophezeit - der 71-Jährige muss es wissen nach zwölf Jahren im Amt. Bach will sich ganz auf seine neue Herausforderung konzentrieren und seine Ämter weitgehend niederlegen. Bereits auf der nächsten Präsidiumssitzung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am 16. und 17. September in Frankfurt will er von seinem Posten als DOSB-Chef zurücktreten.

„Es ist schade, weil wir einen großartigen DOSB-Präsidenten verloren haben, aber großartig, dass wir einen IOC-Präsidenten aus Deutschland gewonnen haben. Wir werden jetzt völlig unaufgeregt seine Nachfolge im DOSB klären“, kündigte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper an. Für eine mögliche Kandidatur Münchens um die Olympischen Winterspiele 2022 ist seine internationale Beförderung eher eine gute Nachricht. Bis zum 14. November müssen erste Bewerbungsunterlagen beim IOC eingereicht werden.

Der deutsche Spitzenfunktionär setzte sich im zweiten Wahlgang souverän mit 49 Stimmen vor Richard Carrion aus Puerto Rico (29), Ser Miang Ng aus Singapur (6), dem Schweizer Denis Oswald (5) und Sergej Bubka aus der Ukraine (4) durch. Wu Ching-Kuo aus Taiwan war bereits in der ersten Wahlrunde auf der Strecke geblieben. Rogge hatte bei seiner ersten Wahl 2001 insgesamt 59 Stimmen auf sich vereint.

Die Verlierer verließen geknickt den Saal. „Natürlich bin ich enttäuscht. Aber das muss man akzeptieren. Man muss Thomas Bach jetzt Zeit und Raum geben, sein Team aufzustellen“, sagte Carrion. Der Schweizer Oswald bekannte: Die Wahl ist keine Überraschung. Ich kenne Thomas schon lange und sehe keinen Grund, warum wir nicht auch in Zukunft gut zusammenarbeiten können. Bach hat vor seinem Aufstieg zehn Jahre unter Rogge als IOC-Vize gewirkt, in 14 Kommissionen mitgearbeitet und immerhin 15 Jahre in der Exekutive den Kurs der Welt-Organisation mitbestimmt. Der Olympiasieger von 1976 mit der Florett-Mannschaft lernte dadurch viele Facetten des Premiumprodukts Olympia kennen, die ihn jetzt zu einer „logischen Wahl“, so IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger, machten.

Am 9. Mai machte Bach seine Bewerbung öffentlich, hingearbeitet hat er darauf jahrelang. Willi Daume hatte 1991 seinen Platz im IOC für ihn geräumt. Zehn Jahre vorher hatte Rogges Vorgänger Juan Antonio Samaranch bereits die strategischen Fähigkeiten des strebsamen Juristen aus der fränkischen Provinz erkannt und ihn nach dem olympischen Kongress in Baden-Baden in die neu gegründete Athletenkommission berufen. In der argentinischen Hauptstadt zahlte Bach das Vertrauen zurück. Als achter Präsident aus Europa wird er die Ringe-Organisation in die Zukunft führen.

Das Präsidentenbüro im Lausanner IOC-Hauptquartier Château de Vidy steht bereits leer. Bach will dort bereits kommende Woche einziehen. Vorher muss er noch die Geschäfte im DOSB sauber übergeben. Statutengemäß wird Hans-Peter Krämer, DOSB-Vize für Finanzen, das Amt interimsmäßig bis zur nächsten DOSB-Mitgliederversammlung am 7. Dezember in Wiesbaden übernehmen, auf der dann die neue DOSB-Spitze gewählt werden soll.

Neben DOSB-Generaldirektor Vesper gilt vor allem Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Ski-Verbandes (DSV), als aussichtsreicher Kandidat. Auch die Namen Christa Thiel, Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB), und Rainer Brechtken, Chef des Deutschen Turner-Bundes (DTTB), werden immer wieder gehandelt. Die Personalie wird auch Auswirkungen auf eine mögliche Münchner Olympia-Bewerbung für die Winterspiele 2022 haben.

Auf den neuen starken Mann an der IOC-Spitze kommen sofort zahlreiche Herausforderungen zu. Die Winterspiele in knapp fünf Monaten in Sotschi sind durch drohende Terroranschläge, Menschenrechtsverletzungen und das heftig kritisierte Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland schon jetzt schwer belastet. Substanzielle Bauverzögerungen in Rio de Janeiro sorgen das IOC vor dem Ringe-Spektakel 2016 an der Copacabana. Nach dpa-Informationen wurde bereits eine Verwarnung für die brasilianischen Olympia-Macher in Erwägung gezogen, um das Großprojekt nicht zu gefährden. Es gibt viel zu tun. Bach fühlt sich bereit.

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