Spionageprozess:"Der BND hat sich da in etwas verrannt"

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Gereizte Stimmung vor Gericht: Die Verteidigung spricht von einem "Amoklauf" des BND und hält ihre Mandanten für unschuldig.

Wer sich zum Auftakt des Spionageprozesses vor dem Oberlandesgericht München Einblicke in abenteuerlich anmutende Agentengeschichten erhofft hatte, wurde enttäuscht. Die beiden Angeklagten, der 42 Jahre alte ehemalige Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) Anton K. und sein 29 Jahre alter Geliebter Murat A., wollten sich am ersten Verhandlungstag nicht zu den Vorwürfen äußern.

Die beiden Angeklagten Anton K. und Murat A. (Foto: Foto: dpa)

Aber der Prozess war an diesem Tag schneller vorbei als erwartet. Die Anwälte der Angeklagten forderten erst einmal umfassende Einsicht in die Akten. Dies sei vor der Verhandlung nicht zugelassen worden und habe somit die Vorbereitung auf den Prozess behindert. Man brauche mindestens zwei Wochen, kündigten die Verteidiger an.

Die Bundesanwaltschaft, die immerhin die Anklage verlas, wirft dem derzeit vom Dienst suspendierten Berufssoldaten K. unter anderem vor, als BND-Mitarbeiter in der Kosovo-Hauptstadt Pristina seinem offiziell als Übersetzer tätigen Freund A. seit 2005 Zugang zu Staatsgeheimnissen verschafft zu haben. K., der damals bereits langjähriger Mitarbeiter des BND war, war seit Anfang 2005 in Pristina eingesetzt. Im Juni 2005 erhielt er die Erlaubnis, den Mazedonier A. als Übersetzer anzustellen. Laut den Ermittlern unterhielten die beiden Männer zu diesem Zeitpunkt bereits eine intime Beziehung.

In der Zeit, in der die beiden Männer gemeinsam im Kosovo lebten, verschaffte K. seinem Partner schließlich laut Bundesanwaltschaft Zugang zu Staatsgeheimnissen. A. wiederum soll sich den Zugang zu den Informationen keineswegs aus reiner Neugier besorgt haben, sondern um sie ebenfalls weiterzugeben.

Den Anklägern zufolge verfügte er über Kontakte sowohl zur organisierten Kriminalität in der Region als auch zu einem ausländischen Nachrichtendienst. Aus den Machenschaften der beiden Männer sei der Bundesrepublik ein erhebliches Sicherheitsrisiko entstanden.

Zwischen den Verteidigern Sascha Jung und Christian Stünkel sowie der Bundesanwaltschaft und dem Vorsitzenden Richter Bernd von Heintschel-Heinegg herrschte zu Prozessauftakt spürbar gereizte Stimmung. Nach den Anträgen der Anwälte - neben einer ausführlichen Akteneinsicht hatten sie zuvor in einem Antrag auch die örtliche Unzuständigkeit bemängelt - war vonseiten der Bundesanwaltschaft von Sabotage und Verfahrensverschleppung die Rede.

Die Verteidiger wiederum wehrten sich heftig: Ihre Mandanten wollten sich selbstverständlich der Sache stellen und hätten in keiner Weise Interesse daran, den Prozess unnötig in die Länge zu ziehen.

Am Rande des Prozesses betonten die Verteidiger vor Journalisten, ihre Mandanten hätten sich nichts zuschulden kommen lassen. Sie kündigten an, in allen Punkten auf Freispruch plädieren zu wollen. Beide sagten, der BND habe sich "da in etwas verrannt" und sprachen gar von einem "Amoklauf".

Sie räumten lediglich ein, ihre Mandanten ihre gleichgeschlechtliche Beziehung wohl hätten melden müssen. "Der BND hätte sie dann aus dem Dienst nehmen können. Das wäre nachvollziehbar gewesen", sagte Jung.

Sollten die Angeklagten für schuldig befunden werden, erwarten sie Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Der Prozess findet in München statt, da der BND seine Zentrale im Vorort Pullach hat.

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