SPD und der Dienstwagen-Streit:Sauer auf Ulla

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Die SPD-Führung ärgert sich offen über die Dienstwagen-Affäre der Gesundheitsministerin. Ihr Verhalten sei den Bürgern nicht zu vermitteln - im Wahlkampf soll Ulla Schmidt trotzdem präsent sein.

Susanne Höll

In der Bundes-SPD herrscht große Verärgerung über die Dienstwagen-Usancen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Konsequenzen sollen aber nicht gezogen werden, hieß es aus Kreisen der Partei und führender Politiker. Schmidt solle, wie geplant, am Donnerstag in Potsdam als Mitglied im Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vorgestellt werden. Überlegungen, sie als Ministerin abzulösen, gebe es nach bisheriger Sachlage ebenfalls nicht.

(Foto: Archivfoto: ddp)

In der Telefonkonferenz der SPD-Führung am Montag, an der auch Schmidt teilnahm, sei aber deutlich geworden, dass man Schmidts Umgang mit ihrem Dienstwagen im Spanien-Urlaub der Bevölkerung nicht erklären könne. "Auch wenn gegen keine Regelung verstoßen wurde, ist der ganze Vorgang nicht zu vermitteln", hieß es.

Unverständnis über Schmidts Reaktionen

Die Parteiführung und Schmidt hatten sich darauf verständigt, dass die Ministerin nach ihrer Rückkehr alle Fakten zu ihrer Dienstwagennutzung auf den Tisch legt. Spekuliert wurde, dass Schmidt noch vor einer am Mittwochnachmittag beginnenden Klausur der SPD-Führung und der Präsentation des Kandidatenteams in Berlin öffentlich zu der Sache Stellung nimmt und somit verhindert, dass die Vorstellung des Wahlkampfteams von dem unliebsamen Thema dominiert und überschattet wird.

In der Spitze der Partei ist man sich bewusst, dass die Debatte um den Umgang Schmidts mit dem Dienstwagen den ohnehin schwierigen Bundestagswahlkampf der SPD zunächst beeinträchtigen dürfte. Sollte Schmidt aber Klarheit über ihren Dienstwagengebrauch schaffen, werde sich die öffentliche Diskussion alsbald wieder beruhigen, wird erwartet. Zugleich wurde aber Unverständnis über die Reaktionen Schmidts und ihres Ministeriums auf das Bekanntwerden des Falles am Wochenende laut. Es sei fraglich, ob die Ministerin gut beraten gewesen sei, jedwede Kritik an ihrem Verhalten zurückzuweisen.

Öffentlich versuchten SPD-Politiker, die Diskussion um Schmidt einzudämmen, die sich zu einer Debatte über das Gebaren von Politikern und deren Realitätsgefühl ausgeweitet hat. SPD-Parteichef Franz Müntefering sagte vor einem SPD-Wahlkampftreffen in Hannover, die Ministerin werde den Gremien des Bundestages "weitergehende Antworten" geben.

"Das ist eine gestandene Frau"

Dann können alle Leute sich wieder in Realismus üben und Vorurteile vergessen und Spekulationen, mit denen man da im Moment unterwegs ist." Schmidt habe als Gesundheitsministerin viele unberechtigte Anfeindungen erlebt. "Das ist eine gestandene Frau, die wird das bestehen, da bin ich ganz sicher." In SPD-Kreisen hieß es, Müntefering und Steinbrück hätten ein gute politische und private Beziehungen zu der Gesundheitsministerin. Sie hätten sie stets als solidarische Politikerin erlebt.

Schmidt hatte ihren Dienstwagen von ihrem Fahrer von Berlin nach Spanien überführen lassen, wo sie ihn erklärtermaßen für dienstliche Zwecke benutzen wollte. Ihre offiziellen Termine bestanden nach dem aktuellen Kenntnisstand in einem Treffen mit deutschen Pensionären und dem Besuch der Bürgermeisterin eines Dorfes, das in der Nähe ihres Urlaubsortes liegt. Gegen die Richtlinien für den Gebrauch von Dienstwagen der Bundesregierung hat sie nach bisheriger Einschätzung der Experten nicht verstoßen. Strittig diskutiert wird über die Kosten für die Staatskasse.

© SZ vom 29.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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