SPD nach dem Wahldebakel:Schwesig in die Spitze

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Fünf etablierte SPD-Größen sollen die Partei künftig führen. Hinzu kommt: Manuela Schwesig. Die 35-jährige soll die SPD für Frauen und Ostdeutsche wieder interessant machen.

Susanne Höll, Berlin

Vier Tage nach der katastrophalen Wahlniederlage hat die SPD-Spitze den Weg für einen kompletten Umbau der Parteiführung freigemacht. Unter Leitung des scheidenden Vorsitzenden Franz Müntefering und mit Zustimmung des neuen Fraktionschefs und Ex-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier beschloss eine Runde maßgeblicher Sozialdemokraten in der Nacht zum Donnerstag, den amtierenden Umweltminister Sigmar Gabriel beim Parteitag im November als neuen Chef der Bundespartei vorzuschlagen.

Die Runde einigte sich auch darauf, dass die bisherige Vize-Vorsitzende Andrea Nahles Generalsekretärin werden soll. Die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden wird, so der Parteitag zustimmt, von drei auf vier erhöht. Für diese Posten werden Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, Noch-Arbeitsminister Olaf Scholz, die NRW-Landesvorsitzende Hannelore Kraft sowie die Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig vorgeschlagen. Steinmeier hat auf seinen Vize-Posten verzichtet.

Schwesig war Mitglied im Wahlkampfteam Steinmeiers, dort zuständig für die Themen Familie und Frauen und hat in dieser Zeit zahlreiche SPD-Politiker beeindruckt. Ihr ist in ihrem künftigen Amt die Aufgabe zugedacht, die Sozialdemokraten insbesondere bei jungen Frauen und Ostdeutsche wieder interessant zu machen. In diesen beiden Bevölkerungsgruppen hatte die SPD bei der Bundestagswahl am Sonntag stark an Zustimmung verloren.

Neu geschaffen wird der Posten eines EU-Beauftragten des Parteivorstands. Als Kandidat für dieses Amt ist der EU-Abgeordnete Martin Schulz vorgesehen. Schulz, der auch Interesse an einem Partei-Vize-Posten hatte, würde künftig dann zur engeren Parteiführung gehören. Er zählt zum rechten Flügel der SPD, der in der neuen Parteispitze ansonsten nicht stark vertreten sein wird. Anders als bislang geplant, soll der SPD-Parteivorstand schon am Montag und nicht erst am Freitag kommender Woche diesen Personalvorschlag als Antrag für den Dresdner Parteitag beschließen. Damit soll offenkundig neuen, unerwünschten Personaldebatten vorgebeugt werden. Die Lösung sei gefunden, es gebe keinen Bedarf, für neue Unruhe zu sorgen, hieß es in der Partei.

Das Treffen im Willy-Brandt-Haus, verlief nach Angaben von Teilnehmern in ruhiger, wenngleich gelegentlich angespannter Atmosphäre. Müntefering und insbesondere Steinmeier sei anzumerken, wie tief sie von dem Ergebnis von nur 23 Prozent bei der Bundestagswahl und den Folgen für die SPD im Bund, aber auch den Ländern getroffen seien. Müntefering habe klargemacht, dass auch er eine personelle Neuaufstellung wünsche und den Übergang bis zum Dresdner Parteitag begleiten und organisieren wolle. Dies hatten sich Gabriel, Nahles, Wowereit und Scholz gewünscht. Die vier hatten sich zur Überraschung auch von SPD-Politikern am Montag auf eben jenes Personaltableau verständigt, über das der Parteitag im November abzustimmen hat. Sie können sich der Zustimmung fast aller Landesverbände sicher sein.

Zweifel in Brandenburg

Allein die Zustimmung des vergleichsweise kleinen Landesverbands Brandenburg sei noch unklar, hieß es in SPD-Kreisen. Dessen Landeschef, der neugewählte Ministerpräsident Matthias Platzeck hatte, ähnlich wie sein rheinland-pfälzischer Kollege, der frühere Parteichef Kurt Beck, dazu geraten, in der Oppositionszeit die Ämter des Fraktions- und Parteivorsitzenden nicht zu trennen, sondern beide Steinmeier anzuvertrauen, damit er ein kraftvoller Oppositionschef sein könne. Steinmeier hatte aber keine Ansprüche auf den Parteivorsitz erhoben, auch als Konsequenz des schlechten Wahlergebnisses, wie es heißt. Beck hat sich inzwischen klar für Gabriel ausgesprochen.

Ohne offene Diskussion

Thema des Treffens war auch die Frage, ob Gabriel und Nahles trotz ihres bislang äußerst schlechten Verhältnisses eng zusammenarbeiten können. Gabriel habe dies versichert, sagten Teilnehmer. Beide wüssten, welche Verantwortung auf sie zukomme und seien in den vergangenen Tagen aufeinander zugegangen, wurde Gabriel zitiert. Nahles habe sich ähnlich geäußert. Zu der Runde nahmen auch Landesvorsitzende wie Kraft, Heiko Maas aus dem Saarland, Garrelt Duin und Thorsten Schäfer-Gümbel aus Hessen teil. Letzterer habe in der Diskussion kritisiert, dass die neue Spitze von Partei und Fraktion in kleinen Runden und ohne offene Diskussion in der Partei ausgekungelt worden sei, hieß es.

© SZ vom 02.10.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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