Francos Grabstätte:In Spanien wird erbittert wegen der Knochen des Diktators gestritten

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Anhänger Francos protestieren, den rechten Arm zum faschistischen Gruß ausgestreckt, gegen die Umbettung der Gebeine. (Foto: JAVIER SORIANO/AFP)

Francos Gebeine liegen im monumentalen "Tal der Gefallenen" bei Madrid, ein Fascho-Monument. Jetzt sollen sie umgebettet werden. Doch nicht nur alte Franco-Anhänger, auch Kirchenkreise wehren sich.

Von Sebastian Schoepp, München

Die mögliche Umbettung der Gebeine des 1975 verstorbenen Diktators Francisco Franco hat in Spanien eine heftige Diskussion über den Umgang mit der Vergangenheit ausgelöst. Regierungschef Pedro Sánchez, ein Sozialist, hatte kurz nach seinem Antritt im Juni als eine der ersten Amtshandlungen angekündigt, den Leichnam aus dem monumentalen "Tal der Gefallenen" in der Sierra de Guadarrama bei Madrid zu entfernen. Die Umbettung war vom Parlament schon vor Regierungsantritt der Sozialisten beschlossen, doch nie umgesetzt worden. Jetzt wollte Sánchez sie noch im Juli über die Bühne bringen. Doch nicht nur alte Franco-Anhänger, auch Kirchenkreise wehren sich. Ebenso steht eine Zustimmung der Hinterbliebenen aus. Sie liegen ohnehin im Clinch mit der Regierung, die ihnen ihre Ehrentitel aberkennen will.

Vor allem Santiago Cantera, der Abt des Benediktinerordens, der über die religiösen Stätten im "Tal der Gefallenen" wacht, stellt sich quer. Der Prior sagt, die Umbettung verfolge das Ziel, "für die Vergangenheit Rache zu nehmen". Einen Termin vor dem Senat in Madrid ließ er platzen. Über seinen Willen hinwegsetzen kann sich laut einem Bericht der Zeitung eldiario.es nur die Congrégation de Solesmes, die Benediktinerkongregation in Paris, von der das Kloster im "Tal der Gefallenen" abhängt - oder der Papst.

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Der Abt unterstellt den Sozialisten, was ihnen auch viele Rechte und Konservative nachsagen: sie wollten eine historische Wiedergutmachung für die Niederlage der Republik im Bürgerkrieg (1936 bis 1939) und die anschließende Unterdrückung durchsetzen. Teil der Repression Francos nach dem Sieg war unter anderem der Bau dieser monumentalen und düsteren Gedenkstätte mit allen Insignien des Faschismus. Es steht dort die längste Basilika der Welt mit einem gewaltigen Betonkreuz darüber. Viele Kriegsverlierer schufteten dort als Zwangsarbeiter, eine nicht genau bekannte Zahl starb dabei.

Mehr als 30 000 Gefallene des Bürgerkrieges wurden dort begraben, es handelt sich faktisch um ein riesiges Massengrab, in dem sowohl Franco-Anhänger liegen, wie auch Republikaner, jedoch anonym. Als Franco 1975 starb, beschloss die Regierung unter Übergangspremier Carlos Arias Navarro, dass der Diktator ebenfalls im "Tal der Gefallenen" liegen sollte. Der junge König Juan Carlos stimmte zu.

Über den letzten Wunsch des Verstorbenen selbst gibt es unterschiedliche Versionen. Francos Tochter Carmen soll zu Arias Navarro gesagt haben, ihr Vater habe diesbezüglich keine Wünsche geäußert. Es gibt jedoch Quellen, die behaupten, Franco wollte in einem Familiengrab nahe seinem Wohnsitz, dem Pardo-Palast, bestattet werden.

Was mit der Stätte passieren soll, wenn Francos Überreste wirklich verlegt werden, ist offen. Von einem Dokumentationszentrum über die franquistische Diktatur und den Bürgerkrieg ist die Rede. Die Sozialisten sagen, sie wollten dem Ort vor allem die Aura der Pilgerstätte für Rechte nehmen. Tatsächlich ist die Zahl echter Franco-Sentimentalisten in Spanien überschaubar, es gibt keine nennenswerte Partei, die sie repräsentiert, diese Vergangenheit ersehnt kein Spanier zurück, der bei Trost ist. Aber Grüppchen von unverbesserlichen Falangisten reisen vor allem zu Francos Todestag im November gerne an, um den Arm in die Höhe zu recken und die Hymne "Cara al sol" zu summen. Die Nachricht von der möglichen Umbettung hat sie erst vergangene Woche auf den Plan gerufen, was bei Touristen Aufruhr auslöste.

Tatsächlich steht das "Tal der Gefallenen" trotz seines geringen künstlerischen Werts bei Massen von Reisenden auf dem Tourplan. Es liegt in unmittelbaren Nähe zur Grabstätte eines anderen großen spanischen Diktators und Massenmörders, Philipp II., dem Escorial. Viele der 400 000 Touristen im Jahr machen ihre Selfies vor Francos Granitkreuz. Die Sozialisten wollen dem Spuk daher schnell ein Ende setzen. "Ein Land, das in die Zukunft blickt, muss in Frieden mit seiner Vergangenheit sein", findet Pedro Sánchez. Keine Demokratie könne "es sich leisten, Denkmäler zu haben, die eine Diktatur preisen". In der Tat steht Spanien mit einem Fascho-Monument dieser Art unter den Demokratien des Westens ziemlich alleine da.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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