Slowakei:So geht der Populismus des Premiers

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Ministerpräsident Robert Fico (re.) begrüßt seinen ukrainischen Kollegen Denys Schmyhal im slowakischen Michalovce. (Foto: Frantiösek Iván/DPA)

Die Ukraine schlechtreden und Deals mit ihr einfädeln - nur ein Beispiel für die Methode Robert Fico. Der slowakische Regierungschef sagt, was ihm nützt, auch wenn er sich widerspricht. Das verschafft ihm viel Spielraum.

Von Viktoria Großmann, Warschau

Gerade war in der Slowakei noch Wahlkampf. Da ging es vor allem um Außenpolitik. Vom Gewinner der Präsidentschaftswahl, Peter Pellegrini, war zu hören, dass sein Gegenkandidat Ivan Korčok die Slowakei in einen Krieg gegen Russland ziehen und slowakische Soldaten in die Ukraine schicken wolle. Pellegrini erklärte noch in der Wahlnacht, er werde die Regierung von Premier Robert Fico zum Wohle der Menschen in der Slowakei unterstützen. Pellegrinis Partei gehört Ficos Regierungskoalition an.

Auch im Parlamentswahlkampf im vergangenen September ging es oft um das slowakische Verhältnis zu Russland. Premier Robert Fico kündigte damals an, "keine einzige Patrone" mehr in die Ukraine zu senden. Im März 2023 hatte er auf einer Pressekonferenz sogar gesagt, der Krieg in der Ukraine "begann 2014, als ukrainische Faschisten anfingen, Russen im Donbass zu töten". Und noch dieses Jahr im Januar erklärte er wenige Stunden nach einem Luftangriff in Kiew, die Menschen dort würden nichts vom Krieg spüren, es herrsche normaler Alltag.

Die EU sei schuld, "dass Slawen sich gegenseitig ermorden"

Doch was Fico sagt und was er tut, das liegt zumindest in seiner Außenpolitik weit auseinander. Am Donnerstag, fünf Tage nach der aus seiner Sicht gewonnenen Präsidentschaftswahl, traf er sich im ostslowakischen Michalovce mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten, Denys Schmyhal. Mehrere Minister beider Regierungen nahmen ebenfalls teil. In einer Presseerklärung ließ die slowakische Regierung dann verlauten, dass Fico den russischen Angriff als Verletzung internationalen Rechts ansehe und die Ukraine Hilfe und Unterstützung brauche. Zudem wolle die Slowakei das Land auf seinem Weg in die Europäische Union unterstützen.

Jene EU, über die Fico zum zweiten Jahrestag des Kriegsausbruchs in der Ukraine im Februar noch gesagt hatte, das Bündnis unterstütze, "dass Slawen sich gegenseitig ermorden". Der Westen nutze den Krieg, um die Russische Föderation, die sich gegen die Ausdehnung der Nato habe wehren wollen, zu zerstören. Die Dämonisierung des russischen Präsidenten Putin sei falsch. Solche Wahlkampfthesen, gern auch noch schärfere, sind im Lager rechts von Ficos populistischer Partei sehr beliebt. Und weil alles, was Fico sagt, auch auf Pellegrini einzahlt, ist es diesem wohl gelungen, auch die Anhänger der Rechten zu gewinnen.

Beim Treffen mit Schmyhal aber betonte Fico, bei der Suche nach friedlichen Lösungen behilflich sein zu wollen. Darauf werde er sich beim Ukraine-Gipfel Mitte Juni in der Schweiz konzentrieren. In einer sogenannten Road Map haben die beiden Regierungen verschiedene Felder künftiger Zusammenarbeit verabredet. Die slowakische Regierung sieht offensichtlich viel Potenzial für Investitionen. Erneut erklärten Fico und sein Verteidigungsminister Robert Kaliňák in Michalovce, dass Waffengeschäften mit der Ukraine nichts im Wege stehe. Zudem bietet die Slowakei Hilfe bei der Minenräumung an. Die übrige Unterstützung solle allerdings nur humanitärer Art sein.

Fico hat Medien, Justiz und Kultur im Visier

Das Abkommen zwischen Bratislava und Kiew dreht sich um die Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft, Zugang zum ukrainischen Energiemarkt für slowakische Firmen und die gemeinsame Erschließung von Energiequellen, um die Abhängigkeit von russischen Ressourcen "zu reduzieren, wo immer es möglich ist". Zudem will sich die Slowakei beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur engagieren und will mit der Ukraine eine direkte Zugverbindung zwischen der ostslowakischen Großstadt Košice und Kiew bauen.

Dass Fico und Schmyhal diese Themen bereits Ende Januar besprochen hatten, hielt Fico nicht davon ab, danach im eigenen Land weiter gegen die Ukraine zu polemisieren. Doch auch auf europäischer Ebene hat er bisher kein Unterstützungsprojekt für die Ukraine behindert. Es scheint Fico tatsächlich viel mehr an seinen innenpolitischen Vorhaben zu liegen, die er im Schulterschluss mit Pellegrini nun bald umzusetzen hofft. Dabei geht es um Eingriffe in die öffentlich-rechtliche Hörfunk- und Fernsehanstalt RTVS, um Neubesetzungen von Richtern am Obersten Gerichtshof sowie Reformen im Strafrecht und im Kulturbereich. Lauter Themen, die in Pellegrinis Wahlkampf keine Rolle spielten - sehr wohl aber in dem von Herausforderer Korčok.

Fico stellt sich in einer seiner jüngsten Videobotschaften nicht nur als indirekten Wahlgewinner, sondern erneut auch als Opfer politischer Verfolgung dar. Wegen dieser vermeintlichen Verunglimpfung spricht er schon lange nicht mehr mit Medien, die objektiv, also auch kritisch berichten. Das öffentlich-rechtliche RTVS bezichtigt er der Lüge. Kurz nach der Wahl einigten sich die Koalitionsparteien zudem darauf, den größten privaten Fernsehsender TV Markíza zu boykottieren und keine Einladungen mehr anzunehmen.

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