USA-Reise:Selenskij in den USA

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US-Präsident Joe Biden begrüßte den ukrainischen Präsidenten Wolodimr Selenskij vor dem Weißen Haus. (Foto: OLIVIER DOULIERY/AFP)

Der US-amerikanische Präsident Joe Biden und sein ukrainischer Amtskollege wollen im Kongress für weitere Hilfen für Kiew werben - auch für die Lieferung von "Patriots". Russland schickt Ex-Präsident Medwedjew nach Peking.

Von Leopold Zaak

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij ist am Mittwoch zu einem Staatsbesuch in den USA eingetroffen. Im Weißen Haus wurde er von US-Präsident Joe Biden empfangen, später sollte er eine Rede vor dem Kongress halten. Es war das offiziell erste Mal seit Kriegsbeginn, dass Selenskij das Land verließ. Aus Sicherheitsgründen flog der ukrainische Präsident in einer US-Regierungsmaschine, sie soll im polnischen Rzeszów gestartet sein. "Ich bin heute in Washington, um dem amerikanischen Volk, dem Präsidenten und dem Kongress für ihre dringend benötigte Unterstützung zu danken", sagte Selenskij.

Das Weiße Haus kündigte ein "bedeutsames Sicherheitspaket" für die Ukraine an: Insgesamt sollen die neuen Hilfen 1,8 Milliarden US-Dollar umfassen. Erstmals werde man auch das Patriot-Luftabwehrsystem liefern, teilte das US-Außenministerium am Mittwochabend mit. "Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung", sagte Biden im Oval Office.

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Die spektakuläre Reise des ukrainischen Präsidenten ins Weiße Haus zeigt: Unter Joe Biden wollen die USA Führungsmacht der freien Welt bleiben. Für den Kriegsherrn in Moskau sind das schlechte Nachrichten.

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Die Ukraine ersucht den Westen schon seit Monaten darum, dieses System zur Unterstützung zu liefern, mit dem die Nato hauptsächlich ihren Luftraum schützt. Patriot zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt und kann in einem Radius von 160 Kilometern Flugzeuge, Marschflugkörper und sogar ballistische Raketen bekämpfen. Das von der Bundesregierung gelieferte System Iris-T SLM reicht nur 40 Kilometer weit. Beobachtern zufolge könnte die Ukraine mit den Patriots einen entscheidenden Vorteil im Krieg erhalten. Luftangriffe auf ukrainische Truppen, aber auch auf die zivile Infrastruktur könnten somit leichter verhindert werden.

Die Bundesregierung begrüßt derweil die Reise Selenskijs. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sprach von einem "sehr guten, hoffnungsfrohen Zeichen 301 Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine". Hebestreit reagierte auch auf Fragen, ob die Bundesregierung unter Druck gerate, es den USA gleichzutun und selbst Patriot-Systeme zu liefern. Man habe nach der Entsendung von drei Batterien an die polnische Ostgrenze keines dieser Systeme für die Ukraine mehr verfügbar, sagte Hebestreit. Er verwies auf das System Iris-T SLM , das hocheffektiv sei. Über eine mögliche Reise Selenskijs nach Berlin sei bisher nichts bekannt, der ukrainische Präsident sei aber in Deutschland "sehr willkommen", sagte er.

Bei dem Treffen in Washington überreichte Selenskij Biden die Medaille eines ukrainischen Soldaten: "Er ist sehr mutig und er sagte, ich solle es an einen sehr mutigen Präsidenten weitergeben." Der US-Präsident bedankte sich. "Unverdient, aber sehr geschätzt", sagte er. "Präsident Selenskij, die Vereinigten Staaten stehen hinter den tapferen Menschen in der Ukraine", so Biden. Der Freiheitskampf der Ukraine sei "Teil von etwas viel Größerem", sagte Biden anschließend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz und sicherte der Ukraine Unterstützung zu, "so lange es nötig ist".

Selenskijs Besuch ist auch für Joe Biden ein wichtiger Termin, weil er als Signal in Richtung der Republikaner verstanden werden kann: Das neue Hilfspaket wird beschlossen, noch bevor die Republikaner von Januar an im Repräsentantenhaus die Mehrheit übernehmen. Von Seiten der Republikaner gab es immer wieder kritische Töne und Zweifel an der Unterstützung der Ukraine und den Waffenlieferungen. Auch Selenskij selbst dürfte seine Rede vor dem Kongress dafür nutzen, den Senat und das Repräsentantenhaus von weiteren Hilfen für sein Land zu überzeugen.

Aus Moskau kommt Kritik an der Reise Selenskijs und auch an den Waffenlieferungen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, damit sehe er keine Möglichkeit für Verhandlungen mit der Ukraine. Waffenlieferungen des Westens führten dazu, dass sich der Konflikt "vertieft". Ein US-Regierungssprecher betonte am Mittwoch: "Wir sind nicht auf einen direkten Krieg mit Russland aus." Daran änderten auch der Besuch Selenskijs und die Waffenlieferungen nichts. Diese seien lediglich Ausdruck der Bereitschaft der USA, die Ukraine weiter zu unterstützen.

Russland wurde parallel zu Selenskijs USA-Reise selbst diplomatisch aktiv. Ebenso überraschend traf Dmitrij Medwedjew am Mittwoch in Peking ein, um dort mit Präsident Xi zu sprechen. Dabei sei es um die Zusammenarbeit der Kreml-Partei "Einiges Russland" mit der Kommunistischen Partei gegangen, man habe sich aber auch über die Situation in der Ukraine unterhalten, sagte Medwedjew. Der ehemalige russische Präsident und jetzige stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates hat zwar nur begrenzte politische Macht, sein Besuch in Peking sorgte dennoch für Aufsehen.

Chinas Präsident weigerte sich bisher, Russlands Angriff auf die Ukraine zu verurteilen, zuletzt sprach er sich allerdings gegen die Drohungen durch die russische Regierung aus, Atomwaffen einzusetzen. Beim Treffen mit Medwedjew sagte er nun, er hoffe, dass beide Seiten Zurückhaltung übten.

Russlands Präsident Putin sprach am Mittwoch bei einer erweiterten Sitzung vor dem Verteidigungsministerium. Er zeigte sich siegesgewiss und betonte, sein Militär weiter aufrüsten zu wollen. Dabei gebe es "keine finanziellen Beschränkungen", sagte er. Sein Verteidigungsminister Sergej Schojgu kündigte an, die Streitkräfte verstärken zu wollen. Er schlage vor, die Zahl der Soldaten auf 1,5 Millionen anzuheben, das entspreche einer Aufstockung um 350 000 Soldaten. Putin stimmte diesen Vorschlägen am Mittwoch zu.

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