Berlin:Abgeordnete wollen Scholz zu Cum-Ex-Affäre befragen

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Olaf Scholz, hier auf der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: imago images/Christian Spicker)

Die Opposition in Berlin hadert mit dem Bundesfinanzminister, seitdem bekannt wurde, wen er als Hamburgs Erster Bürgermeister so oft getroffen haben soll.

Von Peter Burghardt und Cerstin Gammelin, Berlin/Hamburg

Angesichts der neuen Vorwürfe im Hamburger Cum-Ex-Skandal soll Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nun auf Wunsch mehrerer Fraktionen erneut im Finanzausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen. Scholz, so heißt es von dort, habe für den 9. September zugesagt. Es ist bereits das dritte Mal, dass er wegen dieser Affäre vor dem Ausschuss erscheinen muss.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, soll der Warburg-Bankier Christian Olearius 2016 und 2017 versucht haben, Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe wegen illegaler Cum-Ex-Geschäfte an das Hamburger Finanzamt zu vermeiden. Laut seiner Tagebücher, die von der SZ eingesehen werden konnten, führte er im Zuge dieses Steuerfalls mehrere Gespräche mit Hamburger SPD-Politikern, darunter dem damaligen Bürgermeister und heutigen Vizekanzler Scholz. Zu der Zeit dieser Kontakte wurde bereits gegen das Bankhaus sowie Olearius ermittelt.

Die Union in Berlin wollte sich nicht zu den neuen Anschuldigungen gegen den Minister äußern. CDU und CSU sind in der großen Koalition auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen; unter der Regie von Olaf Scholz werden die Bundeshaushalte und die mittelfristige Finanzplanung aufgestellt. Auch bei der Aufklärung des bandenmäßigen Betrugs beim mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard steht Scholz als verantwortlicher Minister im Zentrum.

Die Opposition dagegen macht ihm schwere Vorwürfe. "Olaf Scholz hat uns angelogen", sagte Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. "Das, was jetzt bekannt geworden ist, deckt sich nicht mit seinen Aussagen im Finanzausschuss. Als Mitglied fühle ich mich von Olaf Scholz persönlich getäuscht." Scholz war wegen der Cum-Ex-Affäre zweimal im Finanzausschuss des Bundestags befragt worden. Paus wirft ihm vor, dass seine Aussagen von damals nicht mit den jetzt eingeräumten Treffen übereinstimmen. Auch die FDP zeigt sich empört. "Die aufgedeckten neuen Erkenntnisse lassen an Integrität und Glaubwürdigkeit von Olaf Scholz zweifeln", twitterte ihr Finanzexperte Florian Toncar. Aus seiner Sicht ist Scholz "ein Minister auf Bewährung", schreibt Toncar. "Viele Möglichkeiten, das Thema aufzuklären, werden wir ihm nicht mehr geben. Irgendwann schließt sich das Fenster."

Die Linksfraktion forderte, eine Aktuelle Stunde im Bundestag einzuberufen, um die Rolle von Scholz im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Steuerdeals der Warburg-Bank zu klären. "Wenn Bundesminister im Bundestag die Unwahrheit sagen, müssen wir im Plenum darüber diskutieren, wie wir damit umgehen", sagte Jan Korte, der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion. "Und wenn ausgerechnet der Finanzminister in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister Steuerbetrügern Privataudienzen gewährt hat und darüber schweigt, müssen wir erst recht darüber reden."

Auch in Hamburg verlangen mehrere Parteien Aufklärung. Die neuen Fakten kämen "sehr überraschend", sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen. Es müsse "dringend geklärt werden", weshalb sich Scholz wiederholt mit dem Bankier getroffen habe "und dies im Bundestag nicht gesagt hat". Fegebank war Scholz' Stellvertreterin.

"Offensichtlich steckt Olaf Scholz tiefer in der Sache drin, als er bisher, auch gegenüber dem Bundestag, zugegeben hat", sagte Dennis Thering, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft. Scholz wolle sich "nicht mehr an Details erinnern, obwohl er sonst als detailverliebter Aktenleser bekannt ist". Das werfe Fragen auf. "Es darf sich nicht der Eindruck verfestigen, dass Hamburgs Erster Bürgermeister schmutzige Deals zu Lasten der Steuerzahler macht." Auch weil er Vizekanzler sei, dürfe es "keine Zweifel an seiner charakterlichen Eignung geben". Norbert Hackbusch von Hamburgs Linken hält einen Untersuchungsausschuss für denkbar. Es gehe "nicht nur um die falschen Aussagen von Herrn Scholz, sondern ebenso um eine unerträgliche Haltung in der Finanzverwaltung zu dem Thema Steuerraub durch Cum-Ex"

© SZ vom 05.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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